Montag, 13. Dezember 2010

Immobilienpreisindizes: Wähle eine Zahl

Niemand will es wahrhaben, aber wir haben ein Problem mit den Eigenheimpreisen. Damit ist nicht die unmittelbare Gefahr einer Überhitzung des Immobilienmarktes gemeint. Es geht vielmehr um die widersprüchlichen Signale, welche die Preisindizes – sozusagen die Thermometer des Immobilienmarktes – zurzeit senden.

So verlaufen gemäss der Immobilienberatungsfirma IAZI die Preise für Schweizer Eigentumswohnungen seit Anfang 2008 seitwärts (+ 2,8%). Der Konkurrent Wüest & Partner hingegen registrierte in der gleichen Periode eine Zunahme von 12,5%, während Fahrländer und Partner – eine weitere Zürcher Immobilienberatungsfirma – einen landesweiten Anstieg der Preise für Stockwerkeigentum um 23% verzeichnete (hier zu den Daten). 

Wer hat recht? Es ist zu vermuten, dass ein Teil der Differenzen auf die unterschiedliche Datenbasis und abweichende Indexberechnungsmethoden zurückzuführen ist. Doch so genau lässt sich das nicht sagen. In Kontrast zu Börsenindizes, wie beispielsweise dem Swiss Market Index (SMI), deren Datengrundlage öffentlich verfügbar ist, beruhen diese Immobilienpreisindizes auf privaten Datenpools. Sie sind daher für Externe kaum überprüfbar. 

Immerhin sind rudimentäre Vergleiche mit amtlichen Datenquellen möglich. So erfassen die Notare im Kanton Zürich seit einem Jahrhundert Angaben zu den Freihandverkäufen. Diese werden vom Statistischen Amt des Kantons (STA) verarbeitet und veröffentlicht. Da die Notare sämtliche Handänderungen registrieren, stellt sich in diesem Fall die wichtige Frage der Repräsentativität der Daten nicht. Es handelt sich um eine Vollerhebung. 

Die Preisreihe des STA hat jedoch einen gewichtigen Nachteil. Im Gegenteil zu den privaten Indexreihen, ist sie nicht um Unterschiede in der Qualität der verkauften Wohnungen bereinigt. Bekanntlich haben in den letzten zehn Jahren sowohl die Zimmerzahl, die Grösse und der Ausbaustandard der neu gebauten Eigentumswohnungen zugenommen. Es ist also zu erwarten, dass die amtliche Statistik die tatsächliche Preisentwicklung überzeichnet, weil sie fälschlicherweise Qualitätsverbesserungen als ein Teil der allgemeinen Preisinflation ausweist.

Umso erstaunlicher fällt dann in der folgenden Abbildung der Vergleich zwischen der STA-Reihe und dem Preisindex der Zürcher Eigentumswohnungen von W&P auf. Bis 2002 war die Übereinstimmung zwischen den zwei Zeitreihen gross. Seitdem gehen sie indessen deutlich auseinander. Gemäss STA verteuerte sich Stockwerkeigentum zwischen 2002 und 2009 um 25%. Mit 45% weist W&P eine fast doppelt so hohe Teuerungsrate auf.



Überzeichnet also die W&P-Reihe die Preisinflation? Die Folgerung wäre voreilig. Nur eine Offenlegung aller Rohdaten und eine wissenschaftliche Überprüfung der Indexmethode könnte diese Frage schlüssig beantworten. 

Eine genaue Antwort wäre wünschenswert: Die Nationalbank hat in den letzten Jahren wiederholt vor stark steigenden Immobilienpreisen gewarnt. Dabei stützte sie ihre Lagebeurteilung auf Daten der privaten Anbieter. In der Auffassung der SNB-Ökonomen, sind über längere Zeiträume betrachtet "keine erheblichen Unterschiede" zwischen den verschiedenen Immobilienpreisreihen vorhanden. Angesichts unserer knappen Ausführungen darf man geteilter Meinung sein.

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Schlüsselgelder als Gütesiegel für Restaurants

Laut diesem Artikel müssen Gastwirte in der Nähe des Zürcher Hauptbahnhofes zusätzlich zur monatlichen Miete auch eine einmalige Ablösesumme ("Schlüsselgelder") im 6-stelligen Bereich zahlen. Als Ökonom fragt man sich jedoch, warum der Vermieter nicht einfach den Pachtzins erhöht. Offensichtlich lässt sich an dieser Lage auch bei einer Miete von 15'000 Franken pro Monat ein ansehnlicher Gewinn erwirtschaften. 

Als mögliche Antwort tippe auf ein Beispiel von "Screening". Möglicherweise möchte der Vermieter Gastwirte anziehen, die an einer langfristigen Bewirtschaftung des Restaurants interessiert sind. Da der Vermieter die Qualität eines Wirtes im Vornherein nicht genau kennt, benutzt er den "Eintrittspreis" als Sieb. Nur die langfristig orientierten Mieter (beispielsweise jene, die in den Innenausbau des Lokals investieren möchten) werden bereit sein, diese Schlüsselgelder zu entrichten.

Aus dieser Sicht wäre die "Schlüsselgelder"-Praxis, die
sofort vom Mieterverband als "schlicht illegal" taxiert wurde, eine willkommene Massnahme, um die Qualität der Restaurants in der Nähe des Hauptbahnhofes zu steigern.

Freitag, 3. Dezember 2010

Irland und die Schweiz: Finde den Unterschied

Der "Schweizer Bauboom" aus einer anderen Perspektive...



Sonntag, 28. November 2010

Ein Bauboom mit Schall und Rauch

Nachdem die Credit Suisse vor einem Jahr ein "deutliches Absinken der Wohnungsproduktion" prognostiziert hatte (hier), kündigt sie heute den Bauboom an (via NZZaS). Die Aussage, die Bautätigkeit sei "auf Rekordniveau", ist falsch. In den frühen Siebzigerjahren wurde doppelt so viel gebaut wie heute (82'000 Wohnungen im Jahr 1973). Dabei hatte die Schweiz nur 6,2 Millionen Einwohner -- 1,5 Millionen weniger als heute. Diese Gebäude stehen noch - die Researcher sollten öfters aus dem Fenster schauen...

Samstag, 27. November 2010

Die neue Parkplatzordnung ist bereits veraltet

Eine Version dieses Artikels ist am 25. November 2010 in der Neue Zürcher Zeitung erschienen.

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Wie viele Parkplätze braucht Zürich? Städtebaulich ist diese Frage von grundlegender Bedeutung. Die Verfügbarkeit von Abstellplätzen ist ein zentraler Faktor für die Attraktivität einer Stadt als Einkaufs-, Arbeits- und Wohnstandort. Zu viele Parkplätze führen zur Verödung des öffentlichen Raumes. Es wird kostbarer Boden verbraucht, der anderweitig hätte genutzt werden können – beispielsweise für Wohnhäuser. Auf der anderen Seite ist ein Mangel an Parkplätzen mit Kosten für die Stadt und ihre Einwohner verbunden. Läden und Arbeitsplätze wandern in die Agglomeration aus, wenn ihre Erreichbarkeit stark beeinträchtigt wird. Mit der Zeit verliert die Stadt an Substanz, nicht nur finanzieller Art. Ohne eine lebendige Innenstadt würde "Downtown Switzerland" jenen Schlafgemeinden ähneln, die Stadtzürcher meistens verschmähen. Der öffentliche Verkehr kann dabei realistischerweise nur ein Teil der Antwort sein. Gerade Familien schätzen die Flexibilität und Bequemlichkeit des Autos.  

Wie lässt sich dieser heikle Zielkonflikt lösen? Zürich hat einen klaren Weg eingeschlagen – Parkplatznachfrage und Angebot sollen per Dekret in Einklang gebracht werden. So schreibt die neue Parkplatzverordnung, welche am 28. November zur Abstimmung gelangt, vor, dass pro 120 Quadratmeter Wohnfläche ein Privatparkplatz gebaut werden muss.  
Ist diese Zahl angemessen? Daran ist zu zweifeln. Auch kompetente Behörden wie die Stadtzürcherischen sind nicht in der Lage, die "richtige" Zahl festzulegen – genauso wenig wie sie uns sagen können, wie viele Paar Schuhe ein Haushalt zu besitzen hat oder wie oft wir ins Opernhaus gehen sollten.  
Mit einer gesunden Mischung aus Markt und Planung liesse sich jedoch ein effizienteres und einfacheres System realisieren. In den groben Zügen kann es sich mit zwei Massnahmen zusammengefasst werden.  

1. Das private Parkplatzangebot wird dereguliert.  

Die Eigentümer sind am besten in der Lage abzuschätzen, wie viele Parkplätze sie ihren Mietern zur Verfügung stellen sollten. Wer glaubt, Zürich würde sich augenblicklich in einen gigantischen Parkplatz verwandeln, täuscht sich. Genau das Gegenteil würde eintreffen. Bereits heute rentieren an vielen städtischen Lagen Parkplätze deutlich weniger als Wohnraum. Von der starren 120 Quadratmeter-Regel befreit, würden viele Immobilieninvestoren dichter bauen und das Wohnangebot zulasten der Autoabstellplätze erweitern, was sich letztlich in tieferen Mieten niederschlagen würde.

Diese Massnahme allein reicht jedoch nicht aus. Ohne Parkplatzpflicht würden die privaten Eigentümer das Parkplatzproblem auf den öffentlichen Raum verlagern. Wie kann man dann vermeiden, dass zu viel öffentlicher Raum als Abstellfläche in Anspruch genommen wird? Hier setzt die zweite Massnahme an.

2. Parkplätze auf öffentlichem Grund werden so bepreist, dass jederzeit 15 Prozent der Plätze frei sind.

Die mangelnde Verfügbarkeit an Parkmöglichkeiten verursacht Suchverkehr. Studien zeigen, dass ein Drittel des Stadtverkehrs durch Autofahrer auf Parkplatzsuche zurückzuführen ist. Es wird geschätzt, dass ein Parkfeld im Grossstadtzentrum jährlich einen Suchverkehr in der Höhe einer halben Weltumrundung verursacht – mit den entsprechenden Lärm- und CO2-Emissionen (Update: Ich habe mich da verrechnet. Es sind um die 5 bis 10 Parkplätze im Zentrum, die möglicherweise so viel Suchverkehr generieren.). Laut Verkehrsexperten ist eine Parkplatzverfügbarkeit von 15 Prozent optimal, weil damit der Suchverkehr weitgehend reduziert wird, ohne die Parkplatzbelegung allzu stark zu beeinträchtigen.

Wie soll die Belegung erreicht werden? Am besten über den Preis. Stau und Suchverkehr in der Innenstadt bei gleichzeitig schlecht belegten Parkhäusern sind ein unverkennbares Symptom zu tiefer Gebühren für Parkplätze am Strassenrand. Diese sollten solange angepasst werden, bis die optimale Belegung von 85 Prozent jederzeit erreicht wird. Wo Parkplätze überwiegend leer stehen, sollten die Gebühren gesenkt werden.

Mit der Kombination von lageabhängigen Gebühren für Parkplätze auf öffentlichem Grund und der gleichzeitigen Befreiung der Eigentümer von der Mindestparkplatzzahl lässt sich eine Politik realisieren, die von den Bedürfnissen der Stadtbewohner ausgeht. Weil Wohnraum zusehend knapp ist, könnte sie manche Haushalte dazu veranlassen, auf ein eigenes Auto gänzlich zu verzichten.

Raumplanung und Städtebau haben die Parkplatzfrage oft stiefmütterlich behandelt. Die Stadtarchitekten beschäftigen sich lieber mit der Entwicklung neuer Quartiere als mit der Abschätzung der Parkplatznachfrage. Diese gehört nicht zu ihren Kernkompetenzen. Die hier vorgestellten Massnahmen sind nicht neu. Sie wurden erstmals von Douglas Shoup, Guru der Parkplatzökonomie, vor bald 15 Jahren vorgeschlagen. Sie werden neuerdings in San Francisco eingeführt – Zürichs Partnerstadt.

Montag, 22. November 2010

Die Steuerinitiative, Dagobert Duck und die Immobilienpreise

„Grenzsteuersatz“ droht zum Wort des Jahres zu werden, falls am kommenden 28. November das Stimmvolk – entgegen den letzten Umfragen – die Steuerinitiative der SP annähme. Diese verlangt die Einführung von Mindestgrenzsteuersätzen auf Vermögen und Einkommen. Im Vorfeld der Abstimmung wird die Frage nach der Auswirkung der Steuerinitiative auf die Immobilienpreise in den steuergünstigen Kantone kontrovers diskutiert. Würde die höhere Belastung der höchsten Einkommen und Vermögen zu einem Einbruch der Preise führen? Eine Analyse der Zürcher Immobilienberatungsfirma IAZI sagt sogar Preisrückgänge von beinahe 30 Prozent in gewissen Schwyzer Gemeinden voraus. Ist das realistisch? Oder, allgemeiner gefragt: Inwiefern schlagen sich lokale Unterschiede in der Steuerbelastung in den Immobilienpreisen nieder?

Diese Fragen lassen sich am bestem mit Hilfe eines kleinen Gedankenexperimentes klären. Man stelle sich vor, ein bekannter Milliardär – wir nennen ihn Dagobert Duck – sei auf der Suche nach einer Villa in einer steuergünstigen Schwyzer Gemeinde. Ein lokaler Makler hat ein passendes Objekt ausfindig gemacht, das zum Verkauf steht. Zum Leidwesen von Duck haben noch weitere Personen ihr Interesse am Objekt angemeldet. Im Unterschied zu Dagobert sind diese Interessenten jedoch keine Milliardäre, sondern bloss Millionäre. Ducks Vermögen übertrifft also jenes der Mitbietenden um ein Vielfaches. Wie viel soll Duck für das Objekt bieten?

Als Milliardär wäre er durchaus in der Lage, deutlich mehr als seine Mitbewerber zu zahlen. Das ist allerdings gar nicht nötig. Um die Villa zu erwerben, muss Dagobert Duck bloss einen Franken mehr als das zweithöchste Gebot bieten. Der Liegenschaftspreis drückt also nicht Ducks Zahlungsbereitschaft aus. Sie entspricht jener des meistbietenden Millionärs, der beim Hauskauf leer ausgeht.

Nun kommt für Duck eine böse Überraschung. Kurz vor Verkaufsabschluss erfährt er, dass demnächst eine Sondersteuer auf seinem Vermögen eingeführt werden soll. Die „Lex Dagobert“ trifft nur Milliardäre. Millionäre sollen ausdrücklich davon verschont bleiben. Angenommen Duck sei am Villenkauf weiterhin interessiert, soll er sein Angebot überdenken?

Auf keinen Fall. Die Situation der mitbietenden Millionäre hat sich nicht verändert. Sie werden ihre Zahlungsbereitschaft für das Objekt nicht revidieren. Folglich wird Duck für den Erwerb der Villa gleich viel ausgeben müssen.

Die Analogie mit den möglichen Auswirkungen der Steuerinitiative ist offensichtlich. Schweizweit würden die revidierten Grenzsteuersätze nur einen sehr kleinen Anteil der Steuerzahler betreffen. Sogar in Wollerau wären weniger als 15 Prozent der Steuerzahler von der Erhöhung der Grenzsteuersätze auf der Einkommenssteuer betroffen. Zudem versteuerten im Jahr 2006 „nur“ 12 Prozent der Steuerpflichtige ein Vermögen von mehr als zwei Millionen und wären somit von den höheren marginalen Vermögenssteuersätzen tangiert. Wie der Dagobert Duck unseres Gedankenexperimentes üben die reichsten Zuzüger in diesen Gemeinden einen geringen Einfluss auf die Preise aus. Womöglich ist die Wirkung auf einige Luxusvillenviertel begrenzt. So gesehen erscheint der angekündigte Preiszerfall schlichtweg unrealistisch.

Üben also Unterschiede in der Steuerbelastung keine Wirkung auf die Immobilienpreise aus? Doch, sehr wohl. Das Regionenrating der ZKB zeigt, dass die Eigenheimpreise in Wollerau – obwohl deutlich tiefer als in der Stadt Zürich und an der Goldküste – circa 15 Prozent höher als in den benachbarten Zürcher Gemeinden liegen. Der Unterschied lässt sich direkt auf die tiefere Steuerbelastung zurückführen. Es sind jedoch die, relativ gesehen, etwas tieferen Einkommensklassen, welche die Preise in der Gemeinde bewegen – nicht die Spitzenverdiener. Die steuerliche Belastung des wohlhabenden Mittelstandes würde auch nach einer Annahme der Initiative niedriger als in den umliegenden Gemeinden bleiben. Die Eigenheimpreise würden entsprechend auf dem höheren Niveau verharren.

Zusammenfassend stellen wir fest, dass nicht sämtliche Steuervorteile in den Boden- und Immobilienpreisen kapitalisiert werden. Wäre dies der Fall, hätte der "Steuertourismus" nie eingesetzt. Für die Haushalte mit den höchsten Einkommen kann sich ein Umzug in eine steuergünstige Gemeinde durchaus lohnen. Unser Gedankenexperiment zeigt jedoch auf, dass eine Erhöhung der Steuerbelastung, welche möglicherweise nur wenige Steuerzahler betrifft, keinen allgemeinen Immobiliencrash in der Zentralschweiz verursachen wird.

Samstag, 13. November 2010

Wie viele Parkplätze "braucht" eine Stadt?

Städtebaulich ist diese Frage von grundlegender Bedeutung. Die Verfügbarkeit von Abstellplätzen ist ein zentraler Faktor für die Attraktivität einer Stadt als Einkaufs-, Arbeits- und Wohnstandort. Zu viele Parkplätze führen zur Verödung des öffentlichen Raumes. Es wird kostbarer Boden verbraucht, der anderweitig hätte genutzt werden können – beispielsweise für Wohnhäuser. Auf der anderen Seite ist ein Mangel an Parkplätzen mit Kosten für die Stadt und ihre Einwohner verbunden. Läden und Arbeitsplätze wandern in die Agglomeration aus, wenn ihre Erreichbarkeit stark beeinträchtigt wird. Mit der Zeit verliert die Stadt an Substanz, nicht nur finanzieller Art. Ohne eine lebendige Innenstadt würde "Downtown Switzerland" jenen Schlafgemeinden ähneln, die Stadtzürcher meistens verschmähen. Der öffentliche Verkehr kann dabei realistischerweise nur ein Teil der Antwort sein. Gerade Familien schätzen die Flexibilität und Bequemlichkeit des Autos.

Wie lässt sich dieser heikle Zielkonflikt lösen? Zürich hat einen klaren Weg eingeschlagen – Parkplatznachfrage und Angebot sollen per Dekret in Einklang gebracht werden. So schreibt die neue Parkplatzverordnung, welche am 28. November zur Abstimmung gelangt, vor, dass pro 120 Quadratmeter Wohnfläche ein Privatparkplatz gebaut werden muss.
Ist diese Zahl angemessen? Daran ist zu zweifeln. Auch kompetente Behörden wie die Stadtzürcherischen sind nicht in der Lage, die "richtige" Zahl festzulegen – genauso wenig wie sie uns sagen können, wie viele Paar Schuhe ein Haushalt zu besitzen hat oder wie oft wir ins Opernhaus gehen sollten.
Eine bessere Methode gäbe es durchaus. Bevor ich sie in einem kommenden Post erkläre, schauen Sie sich das folgende kurze Video an.

Update: Sie können den Artikel hier weiterlesen.

Donnerstag, 4. November 2010

Die teuersten Taxis der Welt...

... findet man laut dieser neuen Statistik in Zürich.

Dienstag, 2. November 2010

Wohnausgaben/Einkommen = k

Der Anteil der Wohnausgaben am Gesamteinkommen hängt kaum von der Wohnlage ab. Finden Sie das nicht erstaunlich? Ich schon.

Freitag, 29. Oktober 2010

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Wer freut sich über steigende Eigenheimpreise?

"Welcher Hausbesitzer freut sich nicht darüber, wenn seine Immobilie an Wert gewinnt?" Diese rhetorische Frage stellte vor kurzem Klaus Wellershoff, ehemaliger UBS-Chefökonom, in einem Interview. In dieser Aussage steckt implizit die Idee, dass steigende Immobilienpreise das Vermögen der Eigenheimbesitzer erhöhen, was natürlich positiv wäre. Doch ökonomisch greift die Analyse zu kurz. Man kann sich leicht Situationen vorstellen, in denen ein Preisanstieg die Eigenheimbesitzer nicht besser stellt.

Betrachten wir als Beispiel den Fall Romeos, der in Genf wohnt und arbeitet. Seine Stelle wird nach Zürich verlagert. Romeo entscheidet sich für einen Umzug nach Zürich. Er verkauft seine Genfer Eigentumswohnung, die in den letzten Jahren stark an Wert gewonnen hat. Auf der Suche nach einer neuen Bleibe in Zürich merkt Romeo jedoch schnell, dass die Preise nicht nur in Genf sondern auch in Zürich gestiegen sind. Romeo hat keinen Grund, sich über die gestiegenen Preise zu freuen.

Wäre Romeo besser gestellt, wenn er sich jetzt für eine Mietwohnung entscheiden würde? Nicht unbedingt. Preise und Mieten sind stark korreliert – steigen erstere, steigen in der Regel auch letztere. Dies gilt insbesondere für Mieten von neu vermieteten Wohnungen, welche de facto der Mietregulierung nicht unterstellt sind. Das ist nicht weiter überraschend: Der Preis eines Hauses errechnet sich zum grossen Teil als Summe aller erwarteten auf heute abdiskontierten zukünftigen Mieterträge. Steigt der Preis, so müssen – bei gleichem Kapitalisierungssatz – auch die erwarteten Mieten gestiegen sein.

Aus finanzökonomischer Sicht macht Romeos Beispiel klar, dass der Eigenheimbesitz finanziell am besten als Absicherung (Hedge) gegen Mietpreisveränderungen verstanden werden kann. Steigen die (Opportunitäts-)kosten des Wohnens, steigen die Preise. Das Umgekehrte gilt aber auch: Fallen die Wohnkosten, so fällt in der Regel der Marktwert eines vergleichbaren Eigenheimes. Wer also Eigenheime als normales Investment betrachtet, vergisst die Hälfte der Geschichte. Eigenheime stellen nicht nur eine Anlage dar – sie sind auch ein Konsumgut. Ein Eigenheim kann man bewohnen, nicht so ein Aktienportfolio. Im Gegenteil zu den meisten anderen Anlagekategorien liefern Eigenheime einen konsumptiven Nutzen. Es ist also unklar, inwiefern Eigenheime als Teil des Nettovermögens des durchschnittlichen Eigenheimbesitzers gezählt werden sollen. Anders gesagt, es ist fraglich, ob Eigenheimbesitzer ihre Konsumentscheidungen – sprich, ihr Verhalten – ändern, wenn sich die Eigenheimpreise bewegen. Nicht mal über steigende Preise kann man sich heute ungeniert freuen...

Dienstag, 26. Oktober 2010

Was treibt den Bau von "nachhaltigen" Wohnimmobilien?

"Welche sind die Determinanten des nachhaltigen Wohnungsbaus? In diesem Papier ("What Drives 'Green Housing' Construction - Evidence from Switzerland", das ich mit meinem Koautor aus Shangai (!) Juerg Syz geschrieben habe, werden die Treiber der Minergie-Bautätigkeit untersucht. Fazit: Es kommt aufs Geld an...

SalviSyz_GreenHousingConstructionCH

Freitag, 22. Oktober 2010

Die risikolose Hypothek gibt es nicht

Unterschätzen Hypothekarnehmer –- insbesondere Eigenheimbesitzer -- die Risiken, die sie mit dem Abschluss einer Fremdfinanzierung eingehen? Geldmarkthypotheken -- auch als Libor-Hypotheken bekannt --, deren Zinszahlungen an einen kurzfristigen Zinssatz gebunden sind, gelten als besonders riskant. Diese machen heute mehr als zehn Prozent der ausstehenden Hypotheken aus, doppelt so viele wie vor dem Einsetzen der Finanzkrise und der aktuellen Phase äusserst tiefer Nominalzinsen. Doch die Analysen greifen oft zu kurz. Jede Art von Finanzierung ist mit Risiken behaftet. Je nach Produkt sind die Risikotreiber unterschiedlich. Grundsätzlich sind zwei Risikokategorien auszumachen:

Einkommensrisiko. Dieses Risiko ist höher bei jenen Haushalten, die eine variable Hypothek, beispielsweise eine Geldmarkthypothek ohne Zinsabsicherung, abschliessen. Bei einem starken Zinsanstieg müssten Haushalte ihren Konsum einschränken, um ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.

Vermögensrisiko. Der Abschluss einer Festhypothek ist hingegen mit Risiken verbunden, wenn die Inflation nach dem Abschluss unerwartet tief ausfällt und die Finanzierung eine lange Laufzeit aufweist. Der Haushalt hat sich verpflichtet, eine nominal fixe Hypothekarzahlung zu leisten, die infolge der tiefen Inflation real stark an Wert zugenommen hat.


Nicht alle Haushalte sind den Einkommens- und Vermögensrisiken gleich ausgesetzt. Eigentümer, die ein im Vergleich zu ihrem laufenden Einkommen teueres Haus besitzen oder deren Einkünfte stark schwanken, sind dem Einkommensrisiko von Geldmarkthypotheken besonders exponiert. Dieses Risiko würde aber nur bei den Haushalten greifen, die nicht in der Lage wären, sich weiter zu verschulden. Tief belehnte Schuldner könnten den vorübergehenden Einkommensausfall möglicherweise mit einer Erhöhung der Hypothek begleichen. Deshalb muss jede sinnvolle Messung der finanziellen Tragbarkeit der Hypothek nicht nur die laufenden Einkommensverhältnisse, sondern auch die Vermögenssituation berücksichtigen.

Wer hingegen das Risiko steigender Zinssätze hervorhebt und zur möglichst langen Bindung mittels langfristiger Festhypotheken rät, übersieht, dass sich die Bewegung der langfristigen Zinssätze äusserst schwer prognostizieren lässt. Auch wenn das heutige Zinsniveau besonders tief erscheint, ist eine lange Phase negativer Inflation – wie die Erfahrung Japans zuletzt zeigte – keineswegs ausgeschlossen. Die Konsequenz wäre eine Zunahme der realen Hypothekarlast und der Vermögensrisiken von Festhypotheken. Aua!

Dienstag, 12. Oktober 2010

Mieten und Mythen


Anbei die Vorversion eines Artikels, der am letzten Freitag in der NZZ erschienen ist.

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Wer schon an Anlässen für Immobilieninvestoren teilgenommen hat, wird gemerkt haben, dass immer wieder die gleichen "Geschichten" als Begründung des einen oder anderen Investments hervorgebracht werden. Für den Immobilienökonom lassen sich die einen mehr, die anderen weniger nachvollziehen. Wir haben vier avon ausgewählt, die wohl zu den ewigen Mythen der Immobilienwirtschaft gehören.

Das Risiko von Immobilienanlagen ist geringer als dasjenige von Aktien und Obligationen.
Spätestens nach der jüngsten Immobilienkrise in verschiedenen europäischen Ländern und den USA ist allen klar geworden, dass Immobilieninvestitionen auch riskant sein können. Zahlreiche Studien haben die langfristigen Risiko/Rendite-Eigenschaften von Immobilienanlagen untersucht. Diese kommen zum Schluss, dass die Immobilienpreise über einer Periode von mehreren Jahrzehnten im Rahmen der Inflation ansteigen. Langfristig stellen Immobilien tatsächlich eine Absicherung gegen die Inflation dar. Betrachtet man die Gesamtrendite (inklusive Mieteinnahmen) liegt die historische Performance von Immobilienanlagen zwischen jener von Obligationen und Aktien. Auf der anderen Seite sind direkte Immobilieninvestitionen im Vergleich zu Aktien und Obligationen deutlich illiquider, was zum erhöhten Risiko von Immobilienanlagen beiträgt.
Kaufe und baue ausschliesslich an guten Lagen, denn an guten Lagen ist das Risiko am tiefsten und die Gewinnchancen am höchsten.
Soll sich der besonnene Immobilieninvestor auf die Toplagen --- sprich die teuersten Objekte – beschränken? Bestimmt wäre die Wette in den letzten Jahren in der Schweiz aufgegangen. Die Preise in den Zentren sind stärker angestiegen als in der Peripherie. Doch finden sich in der Geschichte zahlreiche Beispiele von Immobilienkrisen, bei denen ausgerechnet die besten Lagen am meisten korrigierten. So war es beispielsweise in der Schweiz am Anfang der 1990er Jahre. Wirklich stabile Lagen zeichnen sich durch hohe Preise und folglich tiefe Rendite aus. Wie auf dem Finanzmarkt gehen auch auf dem Immobilienmarkt Risiken und Renditen Hand in Hand.

Mit der richtigen Auswahl von guten Objekten lässt sich das Risiko allgemein sinkender Immobilienpreise vermeiden.

Immobilien sind nur begrenzt Unikate. Bricht in einer Region die Konjunktur ein, werden sämtliche Segmente des Immobilienmarktes – ob Büro, Gewerbe oder Wohnbauten – davon getroffen. Das Ausmass dieser Korrekturen ist allerdings je nach Segment und Objekt unterschiedlich. Gute, preiswerte und stabile Objekte sind genau so schwierig zu finden wie gute, stabile und preiswerte Lagen. So waren viele Immobilienexperten um die Jahrtausendwende davon überzeugt, dass sich die Nachfrage nach Wohnungen zugunsten von Vier- und Fünf-Zimmer-Wohnungen und zu Ungunsten der kleineren Wohnungen entwickeln würde. Genau das Gegenteil traf ein: Im Zuge der erhöhten Einwanderung hat die Nachfrage nach kleineren Wohnungen in den letzten Jahren stark zugenommen. Seit 2006 haben in der Schweiz die Mieten der Zwei und Drei-Zimmer-Wohnungen am meisten zugelegt. Allgemein sind die neuen "Megatrends" des Immobilienmarktes mit einiger Vorsicht zu geniessen. In den Städten war schon vor 100 Jahren die Drei-Zimmer-Etagenwohnung die häufigste Wohnungsform.

Die Nachteile einer schlechten Lage lassen sich dank sehr guter Architektur wettmachen.

Diese unter Architekten und Städteplanern oft gehörte Aussage ist meistens ein Rezept zum Misserfolg, denn es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Qualität der Lage und optimaler Nutzungsart. Teuere Grundstücke im Zentrum vertragen eine aufwändigere Bauart, weil zentrale Lagen wertschöpfungsintensivere Nutzungen anziehen. Umgekehrt werden hohe Baukosten an peripheren Standorten oft nicht vom Markt honoriert.

Mittwoch, 6. Oktober 2010

Nicht ganz uneigennützig

Ich gebe es gerne zu, meine Kritik der Leerwohnungsziffer war nicht ganz uneigennützig. Es gibt eben eine neue Alternative zur nicht wirklich aussagekräftigen Zählung der Leerstände. Die Umzugsziffer.

Freitag, 1. Oktober 2010

Tückische Leerwohnungsziffer

Am kommenden Montag wird das Bundesamt für Statistik in Neuchâtel die neue Statistik der leerstehenden Wohnungen veröffentlichen. Ich erwarte keine grossen Veränderungen - 2009 lag die Leerwohnungsziffer bei 0,9 Prozent.

Die offizielle Leerwohnungsstatistik des BFS wird gemeinhin als Indikator für die Verfügbarkeit von Wohnraum interpretiert. Die am Montag veröffentlichte Zahl stellt jedoch in vielen Regionen kein aussagekräftiges Mass für die Verfügbarkeit von Wohnraum dar. Nicht zuletzt dank Online-Inseraten konnte die Zeit zwischen zwei Vermietungen in den letzten Jahren stark reduziert werden, so dass es meistens zu einem Mieterwechsel ohne Leerstand kommt.

Weiter registriert die amtliche Statistik nur die Zustände am Erhebungstag (1. Juni). Die Verfügbarkeit von Wohnraum hängt jedoch auch von der Geschwindigkeit ab, mit der leer stehenden Wohnungen vom Markt absorbiert werden bzw. wieder vermietet oder verkauft werden. In den Grossstädten bleiben Wohnungen bekanntlich weniger lange leer als an peripheren Lagen. Der tiefere Leerwohnungsbestand in den Städten wird also mindestens teilweise durch den hohen Umschlag der Wohnungen wettgemacht. Dies wäre zu berücksichtigen, wenn auf dieser Grundlage sinnvolle Vergleiche zwischen den Kantonen oder zwischen den Gemeinden angestellt werden müssen.

Ein Beispiel kann die Interpretationsprobleme der Leerwohnungsziffer am besten verdeutlichen. Der Kanton Genf weist eine Leerwohnungsziffer von 0.2% auf, drei Mal tiefer als in den Kantonen Basel Stadt und Basel Land, wo sie insgesamt 0.6% beträgt. Der Wohnungsbestand ist in Genf und in den beiden Basel in etwa gleich gross. Darf man also sagen, dass es drei Mal mehr Möglichkeiten gibt, in einem bestimmten Jahr eine leere Wohnung in Basel zu finden? Keineswegs. Auf homegate.ch beträgt die Verweildauer einer Genfer Mietwohnung durchschnittlich 10 Tage – in der Region Basel sind es 30 Tage. Nimmt man an, dass die 496 am 1. Juni 2010 leer stehenden Genfer Wohnungen nach 10 Tage einen Nachmieter gefunden haben, beträgt die Anzahl der in einem Jahr im Kanton Genf neu belegten Wohnungen 18'100. In den beiden Basel sind es 20'100 – also nur unwesentlich mehr.

Die Tücken der Leerwohnungszählung sind insbesondere in der Stadt Zürich auffallend, wo am 1. Juni offiziell nur 136 Wohnungen leer standen. Am gleichen Tag waren jedoch alleine auf homegate.ch 1'071 Wohnungen zur Vermietung ausgeschrieben. Die von der offiziellen Statistik suggerierte Wohnungsknappheit ist also zu relativieren: in der Stadt Zürich dürfte die tatsächliche Verfügbarkeit von Wohnraum zehn Mal höher liegen als durch die Leerwohnungsziffer impliziert.

Freitag, 17. September 2010

Abbebende neue Deutsche Welle

Vor kurzem hat die Credit Suisse einen starken Anstieg der Schweizer Bevölkerung in den kommenden Jahren prognostiziert. Über 9 Millionen sollen es bis 2020 werden. Ich wäre bereit zu wetten, dass dies nicht eintreffen wird. Es ist politisch nicht denkbar, dass die ausländische Bevölkerung in der Schweiz jedes Jahr um die Stadt Winterthur zunehmen wird. Aber was meinen die wahrscheinlichsten Kandidaten zur Einwanderung dazu - die Deutschen?

Wie bereits letzte Woche habe ich zur Beantwortung dieser Frage GoogleInsights eingesetzt. Die folgende Grafik zeigt, wie oft in Deutschland nach einer Wohnung in Zürich gesucht wird. Die Zeitreihe suggeriert, dass der Höhepunkt des Interesses im Juni 2007 erreicht wurde. Es war in der Tat das Jahr, in dem die Bevölkerung im Kanton Zürich um mehr als 2 Prozent wuchs. Seitdem ist die Einwanderung rückläufig. Das Suchinteresse der Deutschen für den Zürcher Wohnungsmarkt auch.

Dienstag, 7. September 2010

Jeder sucht eine Eigentumswohnung

Der Sommer ist vorbei, und der Stadtökonom ist wieder da, wo er immer sein sollte: in der Stadt. Der Schweizer Immobilienmarkt läuft nach wie vor auf Hochtouren -- die leichte Abnahme der Anzahl Baubewilligungen, die gestern bekannt gegeben wurde, betrachte ich als ein vorübergehendes Phänomen. In der Schweiz ist die Nachfrage nach Immobilien weiterhin gross. Aber wie gross genau? Schwierig zu sagen, der Immobilienmarkt bleibt ein undurchsichtiger Markt. Deshalb teste ich seit einigen Tagen Google Insights, ein Google-Dienst, mit dem man die Verläufe im Suchvolumen und die geografische Herkunft beliebiger Suchanfragen ermitteln kann.
Ich wollte zuerst herausfinden, ob im Internet eher nach Mietwohnungen oder Eigentumswohnungen gesucht wird. Angesichts der tiefen Zinsen würde ich erwarten, dass die Nachfrage nach Eigentum zugenommen hat. Die folgende Abbildung zeigt die relative Zunahme der Häufigkeit von Suchbegriffen, welche auf eine Suche nach Eigentumswohnungen (orange Linie) bzw. nach Mietwohnungen (blau) hinweisen. Die schwarze Linie umfasst alle Suchbegriffe der Kategorie Immobilien.


Es sieht tatsächlich so aus, als ob die SchweizerInnen seit 2009 (Beginn der Periode ultra-niedriger Zinsen) vermehrt nach Eigentumswohnungen Ausschau halten. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich dieser Trend entwickeln wird, wenn die Zinsen drehen.

Freitag, 30. Juli 2010

Energieeffizenz - Optimum in der Schweiz bereits erreicht?

In der Schweiz wurden seit 1998 fast 17'000 Gebäude nach dem Minergie-Standard gebaut. Das entspricht ca. 1 Prozent des Gebäudebestandes. Was nach wenig tönt, ist in der Tat im internationalen Vergleich eine Spitzenleistung. Laut dem English House Survey genügten 2008 gerade 0,3 Prozent der englischen Gebäude dem Energiestandard A oder B. Zum Vergleich: Minergie entspricht in etwa der Kategorie A. (Die Grenze zum Rating B liegt bei einem Energieverbrauch von 32 kWh pro Quadratmeter und Jahr. Der Minergiegrenzwert liegt bei 38 kWh). Vergleicht man Minergie mit dem US-Rating LEED ist der Unterschied noch grösser. Die Dichte der Minergiegebäude ist in der Schweiz rund 300 Mal höher als die entsprechende LEED-Dichte.
Die Unterschiede sind derart gross, dass man sich als Ökonom fragen muss, ob die Schweiz nicht bereits zu viele Ressourcen für die Energieeinsparung verbraucht. Diese Frage stellt sich insbesondere bei Sanierungen, weil diese von der öffentlichen Hand zum Teil stark subventioniert werden. Die Stiftung Klimarappen, die Massnahmen für den Klimaschutz unterstützt, gab durchschnittlich 689 Franken aus, um bei Gebäudesanierungen die CO2-Emissionen um eine Tonne zu senken. Die sozialen Grenzkosten einer Tonne CO2 liegen schätzungsweise bei 50 Franken, wobei diese Schätzung mit einer grossen Ungenauigkeit behaftet ist. Doch die Frage, ob wir mit der guten Absicht, Energie einzusparen andere knappen Ressourcen verschwenden, ist berechtigt.

Montag, 19. Juli 2010

Der Boden ist knapp, die Arbeit ist knapper

Wer ein Buch eines klassischen Ökonomen à la Smith, Ricardo, Mills oder Marx öffnet - lesen wäre zu viel verlangt -, merkt sofort, dass auffallend viele Seiten dem Thema Boden gewidmet sind. So findet sich bereits im zweiten Kapitel von David Ricardos Meisterwerk "On the Principles of Political Economy and Taxation" (1817) eine ausführliche Diskussion der Bodenrente. Wie Martin Wolf, Chefökonom der Financial Times, kürzlich in einem Artikel bemerkte, sucht man in den modernen Ökonomielehrbüchern vergebens Referenzen dazu. Heute wird die Produktion als blosse Funktion von Arbeit, Kapital und Wissen dargestellt. Der Faktor Boden wird nicht mal erwähnt. Warum das, fragt Wolf?

Meine Antwort ist folgende: Sogar in der kleinen Schweiz hat Boden als Produktionsfaktor relativ zum Faktor Arbeit stark an Bedeutung verloren. So stellt das Einkommen aus Vermietungen nur einen kleinen Teil des Volkseinkommens dar (leider finde ich die genaue Zahl nicht mehr.) Der reine Bodenanteil macht zudem bloss ca. ein Viertel dieses Betrages aus - der Rest wird für Wände, Küche und Komfortlüftung ausgegeben. Weiter hat die Bedeutung der landintensivsten Produktion -- die Landwirtschaft -- seit der Zeit der Klassiker kontinuierlich abgenommen. Der Engpass ist nicht mehr der Boden, es sind die Arbeitskräfte.
Dieses Muster gilt plus/minus für alle entwickelten Volkswirtschaften (hier ein Paper zur Lage in den USA). Es kann gut sein, dass sich die Situation in Zukunft ändern wird und Boden - wie von Wolf vorhergesagt - ein Comeback feiern wird. Die Lehrbuchautoren werden aber genug Zeit haben, die neuen Auflagen sorgfältig vorzubereiten.

Dienstag, 13. Juli 2010

Florierender Zürcher Schwarzmarkt

Nein, es geht nicht um Drogen, sondern um das grassierende Phänomen der Untervermietung. In diesem Artikel des Tages Anzeiger kann man nachlesen, was passiert, wenn die Kostenmiete die Anpassung der Mieten am Marktniveau verhindert.

Samstag, 10. Juli 2010

Die Alternative zu Minergie: Wohnen in Locarno

In den Diskussionen rund um das Thema "nachhaltiges Bauen" wird gerne vergessen -- insbesondere an einem Hitzetag wie diesem --, dass der Energiebedarf für Raumwärme stark von der Differenz zwischen der Innen- und der Aussentemperatur abhängt. 
Bei gegebenen Wärmeverlusteingenschaften eines Gebäudes führt eine Verdoppelung der Differenz zwischen Innen- und Aussentemperatur (zB. von 6 auf 12 °C) zu einer Verdoppelung des Energieverbrauchs.
 
Wie die folgende Abbildung zeigt, sind in der Schweiz die regionalen Temperaturunterschiede beträchtlich. So beträgt in Davos die mittlere Temperaturdifferenz an einem Heiztag 15 °C. Das sind fast 10 °C mehr als in Lugano.

Viele assoziieren den Alpenraum mit "Nachhaltigkeit". Doch, was das Heizen anbelangt, liegen die Ticinesi klar im Vorteil.

Donnerstag, 1. Juli 2010

Corine Mauch gewinnt All-Pay-Auction!

Heute fand die erste Vorstellung von "Graumarkt" statt, eine kurze Präsentationsreihe zum Thema Spekulation im Rahmen der Feste für die 20 Jahre des Theaters Gessnerallee in Zürich. Am Anfang meines Vortrages führe ich eine All-pay-auction (auch Tullock-Lottery genannt) durch. Die Gewinnerin der ersten Auktion war keine Geringere als die amtierende Stadtpräsidentin von Zürich, Corine Mauch! Sie bot 10 Franken um 10 Franken zu erhalten. Die Auktion war ein Erfolg - der Stadtökonom sammelte insgesamt 18 Franken ein. Die All-pay-auction wird als Modell für die Funktionsweise von politischen Märkten verwendet. Kein Wunder, dass die Stadtpräsidentin dabei gewann.

Mittwoch, 30. Juni 2010

Wir retten Zürich

Im Rahmen einer kurzen Präsentationsreihe zum Thema "Spekulation" werde ich mich für die Überlegenheit der Märkte gegenüber der Politik aussprechen. Komm zu "Graumarkt" und nimm am anarcho-kapitalistischen Spiel teil! Selbstverständlich kann man dabei Geld gewinnen...

Première am 1. Juli; Vorstellungen finden auch am Fr. 2.7 und Sa. 3.7 statt.
Teil der Veranstaltung "Wir retten Zürich - 20 Jahre Gessnerallee".

Montag, 21. Juni 2010

Le Locle, bleib locker!

Städterankings sind populär geworden. Nicht selten lösen sie Wirbel aus, vor allem bei den schlecht platzierten. Die Stadt Le Locle -- welche in mehreren Ranglisten ungünstig abschneidet -- sah sich sogar dazu veranlasst, einen Comic herauszugeben (Achtung: explicit content...), der die herbe Schönheit dieser Wiege der Uhrenindustrie illustrieren soll. Band 2 wird vorbereitet.

Ist diese Aufregung gerechtfertigt? Nein, meine ich in einem Artikel, der am Mittwoch in der Handelszeitung erscheinen soll. Lebensqualität hat eben ihren Preis: Auf einem funktionierenden Immobilienmarkt muss sie in Form von hohen Wohnkosten und womöglich tieferen Einkommen erkauft werden. Im Gleichgewicht ist der marginale Umzugswillige indifferent zwischen einem Standort und einem anderen. Die klassische Referenz dazu ist der JPE Artikel von Jennifer Roback aus dem Jahr 1982. Ich frage mich, ob unsere Rankers je davon gehört haben.

UPDATE: Hier der Link zum Artikel in der HZ

Montag, 14. Juni 2010

Take a walk on the RealSite

Ich werde morgen Dienstag einen Vortrag an der RealSite in Zürich-Örlikon halten. Der Titel meines Panels ist "Drohen Inflation und Zinsanstieg? Betrachtungen zum makroökonomischen Umfeld". Hier der Link zum Programm. Makro ist nicht wirklich meine Spezialität, aber ich werde bestimmt nicht der einzige Halb-Laie sein, der um seine Expertenmeinung gebeten wird.
Ich denke übrigens nicht, dass die Inflation droht. Ich erwarte, dass die Zinsen weiterhin tief bleiben, was mittelfristig zu einem Problem werden kann. Die aufkeimende Tendenz zur Entkoppelung der Immobilienpreise zu den Mieten - die im Zentrum meines Vortrages steht - stellt ein bedenkliches Symptom dar.

Mittwoch, 9. Juni 2010

Specie rara Mietwohnung

Hier der Entwurf eines Artikels, der demnächst in Finanz und Wirtschaft erscheinen soll.



In ihrer Studie zum Schweizer Immobilienmarkt vertreten die Immobilienökonomen der Credit Suisse die These, dass das Wohnmodell Einfamilienhaus heute nicht mehr gleichermassen wie früher in der Gunst der Nachfrager stehe. Begründet wird diese These hauptsächlich mit dem demografischen Wandel. Die Haushalte werden kleiner, was die Nachfrage nach Stockwerkeigentum begünstigen würde. Prompt berichteten Medien vom "Ende der Einfamilienhäuser" und von ihrem Ersatz durch Eigentumswohnungen.


Was sagen die Daten aus? Eine neue Studie des Statistischen Amtes des Kantons Zürich hilft uns, die Debatte zu klären. Die Studie hat die Erneuerung und Verdichtung der Bausubstanz in den letzten fünf Jahren untersucht. Auch wenn sie auf den Kanton Zürich begrenzt ist; dürfte sie auch für andere Metropolitanregionen wie Basel oder Genf Gültigkeit haben.

Laut Studie wurden zwischen 2003 und 2008 5 Mio. Quadratmeter neuer Wohnfläche erstellt, 70 Prozent davon auf grüner Wiese, die restlichen Fläche auf bereits überbauten Grundstücken (siehe Abbildung). Die Ersatz- und Umbauten sind überwiegend an zentralen, hochpreisigen Lagen der Stadt Zürich und rund um den Zürichsee entstanden. Hier wird tatsächlich das Einfamilienhaus zur Rarität: diese Bauform machte bloss 13 Prozent der neuen Wohnflächen aus.

Die Ursache für diesen Trend liegen vorwiegend in den gestiegenen Landkosten. Höhere Bodenpreise in den Zentren schaffen den Anreiz, schonend mit der knappen Ressource Boden umzugehen. Beim Bauen in den Zentren wird Boden durch Kapital substituiert, das heisst, es werden aufwendigere, höhere Gebäude realisiert, was zu einer verdichteten Bauweise führt. Freistehende Einfamilienhäuser sind bei einem Bodenpreis von 1500 oder mehr nur noch an exklusiven Lagen – wo die Zahlungsbereitschaft für Privacy und Luxus durchaus vorhanden ist – eine wirtschaftlich sinnvollste Wohnnutzung.

Die Studie des Statistischen Amtes des Kantons Zürich bestätigt diese These. Durch Abbruch und Neubau wurde das vorhandene Gebäudevolumen rund um den Zürichsee und in der Stadt markant verdichtet. Durchschnittlich wurde jede abgebrochene Wohnung durch zwei ersetzt. Der grösste Beitrag zur Verdichtung kam jedoch nicht aus dem Abbruch von Einfamilienhäusern sondern aus der Überbauung von zentral gelegenen Industriebrachen. Besonders viele Objekte sind in Zürich-Nord und in Winterthur in diesem Zusammenhang entstanden. Die Schweiz hatte 2005 17 Millionen Quadratmeter Industriebrache. Dies entspricht der Fläche der Stadt Genf – mit Vororten. Schweizweit schätzt man, dass Wohnraum für 200'000 Personen auf Industriebrachen entsehen könnte. Die Hälfte davon befindet sich in Grosszentren.

Specie rara Mietwohnung

Zwischen 2003 und 2008 machten Einfamilienhäuser im Kanton Zürich nach wie vor ein Viertel der neuen Wohnflächen aus. Neue Einfamilienhäuser entstehen fast ausschliesslich auf der grünen Wiese, vorwiegend in den peripheren Gebieten, da wo günstiges Bauland verfügbar ist.

Nicht das Einfamilienhaus, sondern die Mietwohnung wird durch den Bau von Eigentumswohnungen konkurrenziert. Der Marktanteil der Mietwohnungen beträgt bei Ersatzneubauten lediglich 26 Prozent, derjenige der Eigentumswohnungen satte 60 Prozent.

Hier zeigt sich der (unbeabsichtigte) Einfluss der Mietregulierung, die den Umbau von Miet- in Eigentumswohnungen langfristig begünstigt. Wer an zentraler Lage ein Mehrfamilienhaus umbaut, erzielt zur Zeit eine höhere Rendite auf dem freien Eigentumsmarkt als auf dem regulierten Mietmarkt. Der Verdrängungswettbewerb zwischen institutionellen Immobilieninvestoren – welche an den stabilen Cash Flows der Mietwohnungen erneut Interesse zeigen -- und den privaten Stockwerkeigentümern scheint sich in den Zentren zugunsten der letzteren zu wenden.

Die institutionellen Investoren konzentrieren sich auf die Revitalisierung von Industriebrachen oder sie suchen Flächen in der Peripherie, wo das Mietniveau deutlich weniger von der Regulierung beeinflusst wird und der Mietwohnungsbau konkurrenzfähig bleibt.

Was lassen diese Entwicklungen für die Zukunft des Schweizer Immobilienmarktes erwarten? Solange nichts Wesentliches an der Raumplanung geändert wird und die Erreichbarkeit der Peripherie weiter ausgebaut wird, bleiben die Risiken für prospektive Einfamilienhausbesitzer gering. Das Einfamilienhaus wird die häufigste Wohnform der suburbanen Lagen bleiben.

"Die Berichte über meinen Tod sind stark übertrieben" sagte mal Mark Twain als eine Zeitung irrtümlicherweise seinen Nekrolog veröffentlichte. Das gleiche könnte man vom angekündigten Tod des Schweizer Einfamilienhauses behaupten.

Montag, 31. Mai 2010

Shakespeare über die Verschuldung


Anbei der Entwurf für einen kurzen Artikel, der in der kommenden Immobilienbeilage der Handelszeitung erscheinen soll. Hoffentlich versteht man mich.
--o--
Hauseigentümer ohne Schuldgefühle

"Sich und den Freund verliert das Darlehen oft." Diese Weisheit aus Shakespeares Hamlet hat sich der Bundesrat zu Eigen gemacht, als er vor kurzem ankündigte, den Steuerabzug für Schuldzinsen generell abschaffen zu wollen. Als indirekter Gegenvorschlag zur Initiative des Hauseigentümerverbandes "Sicheres Wohnen im Alter" wird er nun dem Parlament eine Botschaft vorlegen, welche zudem die Abschaffung der Abzüge für Unterhaltskosten und des Eigenmietwertes vorsieht.

Für manche Beobachter zieht der Bundesrat direkt die Lehre aus der Finanzkrise. Diese habe gezeigt, wie riskant Verschuldung sein kann. Was dabei oft vergessen wird: Den Risiken stehen auch erhebliche Vorteile gegenüber. Dank Hypothekarkrediten haben die Haushalte die Möglichkeit, ihren Konsum über den Lebenzyklus hinweg zu glätten. Kaum jemand fände es vorteilhaft, sich erst mit 65 den Kauf eines Eigenheimes leisten zu können.

In diesem Zusammenhang wird oft vor der angeblich stattlichen Verschuldung der Schweizer Eigentümer gewarnt. Ende 2009 lasteten auf den Schweizer Eigenheimbesitzern Hypotheken von insgesamt 546 Milliarden Franken, das entsprach 102 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Damit weist unser Land einen weltweiten Spitzenwert auf, der nur von... Island (120%) übertroffen wird.
 

Doch der Vergleich hinkt. In der Schweiz ist das Verhältnis von Immobilienpreisen bzw. Hypothekarschulden zu den Mieten und zum BIP seit Jahrzehnten höher als anderswo. Anders gesagt: Die Bruttorendite von Immobilien – der Kehrwert des Immobilienpreis/Miete-Verhältnisses -- war in der Schweiz schon immer tief. Dies ist vor allem auf das tiefe Realzinsniveau und auf die tiefe Inflationsrate zurückzuführen.

Entscheidend für die Bestimmung des Hypothekarrisikos ist nicht das Ausmass der Verschuldung sondern die Höhe der Belehnung - das Verhältnis der Hypothekarschuld zum Wert der verpfändeten Liegenschaft. Gute Statistiken zur Hypothekarverschuldung der Schweizer Eigentümer sind Mangelware. Zahlen der SNB suggerieren, dass die durchschnittliche Belehnung im Eigenheimbereich bloss 44 Prozent beträgt, Tendenz fallend. Schätzungen der Ausfallrate, d.h. des Anteils der Schuldner, die ihren Zinszahlung nicht nachkommen, bewegen sich im unteren Promillebereich.

Angesichts dieser Zahlen erstaunt es eher, dass die Banken in der Schweiz nicht aggressivere, sprich, höher belehnte Eigenheimhypotheken anbieten. Dies ist in anderen Immobilienmärkten, die bisher die Finanzkrise ebenfalls ohne grösseren Schaden gemeistert haben, gang und gäbe. So weisen 16% der Hypotheken der holländischen Rabobank, eine der wenigen Banken der Welt, die das Triple-A Rating bisher behalten konnte, eine Belehnung von über 100 Prozent aus. Dennoch betrugen letztes Jahr die ausgewiesenen Kreditverluste der Rabobank in dieser Sparte bloss 3 Promille der Ausleihungen – so tief wie in der Schweiz.

Niemand schlägt ernsthaft vor, die Schweizer Banken sollten das holländische Modell nachahmen. Doch zum guten Risikomanagement gehört auch die faire Einschätzung der Risiken. Wer dies tut, wird die vorsichtige Risikopolitik der Schweizer Hypothekenbanken in den letzten 15 Jahren anerkennen müssen.

Donnerstag, 27. Mai 2010

Lohnt sich ein Umzug in die Schweiz?

Ich bin weder ein Fan von Städterankings noch von Aktientipps. Beide setzen voraus, dass Geld auf der Strasse liegt – die letzteren im übertragenen Sinne, Städterankings buchstäblich so. Zürich oder Genf mögen zwar eine hohe Lebensqualität haben, die Wohnungspreise sind jedoch entsprechend teuer. Und meine bescheidene Erfahrung sagt mir, dass es genau so schwierig ist, eine unterbewertete Lage zu finden, wie eine unterbewertete Aktie.

Sollen die seriösen Stadtökonomen also schweigen? Mitnichten. Sie kann man auch in der Ratschlagindustrie produktiv einsetzen.

Zum Beispiel in der Umzugsberatung. Jörn und Melanie, beide in Berlin wohnhaft, haben je ein Jobangebot in Zürich erhalten. In Zürich können sie 50% mehr als in Berlin verdienen. Allerdings kostet die Miete einer vergleichbaren Wohnung in Zürich drei Mal mehr als in Berlin. Zur Zeit geben sowohl Jörn als auch Melanie 30% ihres Einkommens fürs Wohnen aus. Sollen sie diese Angebote akzeptieren?

Die Antwort auf dieser Frage hängt davon ab, ob Jörn oder Melanie bereit sind, ihren Wohnkonsum einzuschränken. Nehmen wir an, dass sie in Berlin je 30 für ihre Mietwohnung ausgeben. Jörn kann sich nicht vorstellen, in eine kleinere Wohnung zu ziehen. Für eine gleichwertige Wohnung wird er in Zürich 90 (=3*30) ausgeben müssen. Auch wenn er in Zürich 50% mehr verdient (150), verbleiben ihm nach den Wohnkosten weniger als in Berlin (60 statt 70). Das ist ein schlechtes Geschäft, Jörn soll nicht umziehen.

Melanie allerdings ist bereit ihren Wohnkonsum etwas einzuschränken. Nehmen wir an, dass sie den Anteil der Wohnausgaben an ihrem Einkommen konstant halten will, also, dass Sie maximal 20 mehr Miete in Zürich als in Berlin bereit zu zahlen ist. Damit lässt sich in Zürich nur eine ungefähr halb so grosse (=30/50) Wohnung mieten. Für die übrigen Ausgaben verbleiben ihr allerdings 100 - das ist mehr als in Berlin. Nun sieht die Rechnung eines Umzugs in die Schweiz deutlich besser aus.

Ökonomen haben einen Mass für die Bereitschaft zur Substitution entwickelt, die "Substitutionselastizität". Die Substitutionselastizität ist Null, wenn -- wie bei Jörn -- Preisveränderungen keine Veränderung der nachgefragten Menge bewirken. Das ist der unübliche Fall. Meistens führt ein Anstieg der Preise zu einer Reduktion der nachgefragten Menge. Wenn -- wie bei Melanie -- der Anteil der Wohnausgaben bei jedem Preis gleich bleibt, beträgt die Substitutionselastizität eins.

Die folgende Abbildung zeigt an, für welche Kombination von Mietpreis und Substitutionselastizität sich ein Umzug lohnt (blaue Fläche), und wann nicht (grau eingefärbte Fläche).


Jörns Fall ist mit dem roten Punkt abgebildet (=keine Bereitschaft zur Substitution). Der grüne Punkt entspricht Melanies Entscheidungskalkül (=konstante Wohnausgaben). Wer sich auf der Grenze zwischen der grauen und der blauen Fläche befindet, ist gerade indifferent.

Hat Sie die Analyse überzeugt? Möchten Sie eine persönliche Umzugsberatung? Schicken Sie mir Ausgang- und Zielwohnort, die Einkommensdifferenz und ihre Wohnpräferenzen und ich sage Ihnen, wie Sie sich entscheiden sollen.

HT Thomas Rutherford 

Samstag, 22. Mai 2010

Eigenmietwert und Hypothekarverschuldung - Gibt es einen Zusammenhang?

Der Eigenmietwert stellt die fiktive Zahlung dar, die ein Eigenheimbesitzer für die Miete der eigenen Wohnung an sich selber zahlt. In der Schweiz ist diese Einkommensquelle steuerpflichtig. Der Bundesrat will die Besteuerung des Eigenmietwerts abschaffen. Im Gegenzug möchte die Regierung den Abzug der Schuldzinsen (Hypothekarzinsen) ebenfalls abschaffen.

Oft wird in diesem Zusammenhang moniert, dass die Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen für die hohe pro-Kopf Verschuldung der Schweizer Eigentümer verantwortlich ist.
Stimmt das? Ich zweifle sehr daran. Nur wenn das zusätzliche Geld den Weg zu Investitionen findet, die zu einem tieferen Satz besteuert werden -- oder gar einkommenssteuerbefreit sind --, ist der Nutzen einer zusätzlichen Verschuldung eindeutig.

Wer beispielsweise das ausgeliehene Geld für den Kauf von Aktien benutzt, wird vielleicht eine höhere Rendite erwirtschaften. Die Risiken steigen aber entsprechend. Nur die Anlage auf ein steuerbefreites Konto – beispielsweise ein Säule 3a-Konto – ermöglicht steuerliche Arbitragegewinne. Alle andere Anlagestrategien sind Varianten des so genannten Carry Trade und sind mit möglicherweise erheblichen Risiken verbunden (*).

Und somit muss der Grund für die hohe Hypothekarverschuldung anderswo gesucht werden.

(*)  Ich abstrahiere hier von den Diversifikationseffekten dieser Anlagen und von den Effekten der Steuerprogression.

Dienstag, 11. Mai 2010

Stärkster Mietpreisanstieg in der bukolischen Westschweiz

Institutionelle Immobilieninvestoren wie Versicherungen und Immobilienfonds meiden die Randregionen. Am liebsten investieren sie das nicht wenige Geld ihrer Anleger an zentralen -- sprich, teuren -- Lagen. Das ist ein bisschen, wie wenn man an der Börse nur Blue-Chips-Aktien kaufen würde.

Ein Hinweis dafür, dass diese risikoarme Strategie renditemässig nicht immer die beste sein muss, liefert die folgende Grafik. Für die fünfzig grössten Regionen der Schweiz habe ich den Mietpreisanstieg der letzten 5 Jahre und das Mietniveau im Jahr 2005 geplottet. Nicht alle teuren Regionen haben gleich gut performt, auch wenn die Regressionsgerade einen schwach positiven Zusammenhang suggeriert. Insbesondere in der Westschweiz haben auch ländliche Regionen wie die Broye und der oft belächelte Jura ansehnliche Mietpreissteigerungen verzeichnet. Wird das so weitergehen? Rien n'est moins sûr.

Mittwoch, 5. Mai 2010

Warum wir die Pendler subventionieren dürfen

Die neueste Publikation von Rico Maggi (USI Lugano) für Avenir Suisse zum Thema "Mobilität" liest sich wie ein Post des Stadtökonoms... Ich zitiere aus der Pressemitteilung:
Weil die Grundstückpreise in den Zentren aufgrund der verbesserten Erreichbarkeit und einer Begrenzung der Überbauungsdichte durch die Raumplanung steigen, dominiert dort auf dem freien Markt die Logik der Bietrente (ins Zentrum geht, wer die höchsten Grundrenten offerieren kann). Es kommt zu einer vielfältigen und differenzierten Entmischung von Wohnen und Arbeiten. Im Zentrum finden wir neben rentablen kommerziellen Nutzungen und Aktivitäten mit geringem Platzbedarf Luxuswohnungen einerseits und Wohnungen im geschützten Bereich andererseits.

Weiter kritisiert die Publikation die massive Subventionierung der Mobilität -- unter anderem der Pendlermobilität -- in der Schweiz.

Wenn ich den Advocatus Diaboli spielen dürfte, und eine Rechtfertigung für diese Subventionen finden müsste, würde ich wie folgt argumentieren. Die Beschränkung der Überbauungsdichte in den Zentren wirkt wie eine Steuer. Sie verteuert das Wohnen in der Stadt. Dies verdrängt wiederum die mittleren Einkommen in die Agglomeration. Die Subventionen für das Pendeln können als Entschädigung für die Verdrängung betrachtet werden. Die "first best"-Lösung wäre natürlich, alle Verzerrungen im Zentrum zu beseitigen. Und verdichten.

Donnerstag, 29. April 2010

Wie gross ist der "Luxussegment"?

Wer die Schweizer Immobilienfachpresse verfolgt (oder, wie ich, verfolgen muss) hat schnell den Eindruck, dass der Zürcher Einfamilienhausmarkt den Privilegierten reserviert ist. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Medien mehr für die Extremwerte, als für die Durchschnitte interessieren. Doch ist es auch wichtig die richtigen Proportionen im Auge zu behalten.

Das Statistische Amt des Kantons Zürich hilft uns dabei. Als einer der wenigen Schweizer Kantone veröffentlicht Zürich eine jährliche Statistik aller Immobilientransaktionen. Darin erfährt man, dass der Medianpreis eines Einfamilienhauses im Jahr 2009 839'000 Franken betrug. Was lässt sich aber über die teuersten gehandelten Häuser sagen – jene Villen also, die stets für Schlagzeilen sorgen? Darüber schweigt die Statistik. Ein wenig Flair für Daten wird uns helfen, diese Frage zu beantworten.

Das Statistische Amt veröffentlicht nicht nur Medianpreise sondern auch die Werte der 25%- und 75%-Quantile. Wer schon mit Immobilienpreisdaten gearbeitet hat, weiss, dass sich die Verteilung der Preise sehr gut mit der Lognormalverteilung beschreiben lässt. Somit verfügt man über alle Elemente die notwendig sind, um aus den spärlichen Angaben des Statistischen Amtes den Verkaufspreis der teuersten Villen zu schätzen. Die Ergebnisse der Analyse sind in der folgenden Grafik abgebildet.



Die untere Reihe zeigt die Medianpreise; die obere die geschätzte Preisentwicklung der 5% teuersten Häuser, welche in einem gegeben Jahr gehandelt wurden. Im Kanton Zürich werden jährlich um die 2'500 EFH gehandelt. Die Grafik zeigt, dass die Preise dieser teuren Objekte in den letzten Jahren überdurchschnittlich stark angestiegen sind. Letztes Jahr lag die 5%-Grenze bei 1,67 Mio. Franken. Nur schätzungsweise 100 Objekte wurden für mehr als 2 Mio. verkauft. Bestimmt, eine stattliche Summe - aber ist sie wirklich so viele Schlagzeilen wert?

Montag, 26. April 2010

Trägt die Denkmalpflege die Schuld an der "Gentrification" New Yorks?

Hier der Link zu einem sehr interessanten Artikel zum Thema Denkmalpflege und Städtebau in New York. Die Einsichten gelten mutatis mutandis auch für viele Städte in Europa -- Zürich und Genf nicht ausgeschlossen.

Mittwoch, 21. April 2010

Wohneigentum für alle?

Die bereits erwähnte neue Studie des Statistischen Amtes des Kantons Zürich gibt mir den Anlass, auf frühere Kommentare zum Thema "Eigentumsquote" (endlich...) zu reagieren.

Die Studie zeigt, dass sich Wohneigentum nach wie vor auf den Vormarsch befindet. Im Kanton Zürich liegt der Treiber dieser Entwicklung eindeutig in der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen. So wurden zwischen 2003 und 2008 rund 3'600 Mietwohnungen bzw. über 200'000 Quadratmeter Wohnfläche in Eigentumswohnungen umwandelt.

Insgesamt beträgt die Eigentumsquote bei Neubauten 66 Prozent, mehr als doppelt so viel als im Bestand aller Wohnobjekte (28 Prozent).

Diese Daten scheinen mir die These zu bestätigen, dass die im internationalen Vergleich tiefe Schweizer Wohneigentumsquote vorwiegend als Folge des Verbotes von Stockwerkeigentum zwischen 1912 und 1965 zurückzuführen ist. Da Stockwerkeigentum die natürliche Form von urbanem Wohneigentum ist, greift die oft angeführte (und hier wiederholte) These der "hohen Kaufpreise" zu kurz. Ausgerechnet an den teuersten Lagen wurde am meisten Wohneigentum erstellt.

Es wäre zudem interessant zu wissen, ob dieses Verbot eine einmalige Schweizer Spezialität war oder auch in anderen Ländern galt (oder gilt).

Dienstag, 20. April 2010

Der Zürichberg breitet sich aus

Dazu habe ich im Tages Anzeiger meinen Senf gegeben.

Montag, 19. April 2010

Totgesagte leben länger

In ihrer Studie zum Schweizer Immobilienmarkt vertreten die Immobilienökonomen der Credit Suisse die These, dass das Wohnmodell Einfamilienhaus "heute nicht mehr gleichermassen wie früher in der Gunst der Nachfrager steht". Begründet wird diese These hauptsächlich mit dem demografischen Wandel. Die Haushalte werden kleiner, was die Nachfrage nach Stockwerkeigentum begünstigen würde. Prompt berichteten mehrere Medien vom "Ende der Einfamilienhäuser" und von ihrem Ersatz durch Eigentumswohnungen.

Ich habe schon mehrmals (hier, hier und hier) eine ähnliche These vertreten, wenn auch nicht aus den gleichen Gründen. "Gefährdet" sehe ich nicht das Einfamilienhaus als Wohnform, sondern das freistehende EFH an guter Lage. Im Zentrum meiner Überlegungen steht zudem nicht die demografische Entwicklung – die Tücken und Schwierigkeiten der demografischen Analyse für die Prognose der zukünftigen Wohnformen sind allgemein bekannt.

Vielmehr gehe ich davon aus, dass höhere Bodenpreise in den Zentren durchaus den Anreiz schaffen, schonend mit der knappen Ressource Boden umzugehen. Beim Bauen in den Zentren wird Boden zunehmend durch Kapital substituiert, das heisst, es werden aufwendigere, höhere Gebäude realisiert, was zu einer verdichteten Bauweise führt. Aus dem gleichen Grund erwarte ich aber auch, dass das Einfamilienhaus in der Peripherie nach wie vor die beliebteste Eigentumsform bleiben wird – trotz ausklingendem Babyboom. (Als Korollar sollte ich noch meine Zweifeln erwähnen, dass sich die optimale, höhere Dichte an den guten Lagen durchsetzen lässt).

Was sagen aber die Daten aus? Eine neue Studie des Statistischen Amtes des Kantons Zürich hilft uns, die Debatte zu klären. Die Studie untersucht die Erneuerung und Verdichtung der Bausubstanz im Kanton Zürich in den letzten fünf Jahren. Die für unsere Anliegen wichtigste Tabelle ist die folgendende:

Der Bestand an Wohnflächen betrug 2008 62 Mio. Quadratmeter, was einer Pro-Kopf Wohnfläche von 46,7 Quadratmetern entspricht. Zwischen 2003 und 2008 wurden 4,9 Mio. Quadratmeter neuer Wohnfläche erstellt, 70 Prozent davon auf grüner Wiese, der Rest auf bereits überbauten Grundstücken

Laut Studie sind Ersatz- und Umbauten in den letzten fünf Jahren eher an zentralen, hochpreiseigen Lagen der Stadt Zürich und des unteren Zürichsees entstanden -- genau so wie die Theorie es vorhersagt. Durch Abbruch und Neubau wurde das vorhandene Gebäudevolumen markant verdichtet: Durchschnittlich wurde jede abgebrochene Wohnung durch zwei ersetzt. Der grösste Beitrag zur Verdichtung kam jedoch nicht aus dem Abbruch von Einfamilienhäusern sondern vor allem aus der Überbauung von Industriebrachen. Besonders viele Objekte sind in Zürich-Nord in diesem Zusammenhang entstanden.

Betrachtet man weiter die neu bebauten Grundstücke, wird es deutlich, dass der Marktanteil des Einfamilienhauses mit 29 Prozent der neuen Wohnfläche nach wie vor hoch ist. Ein Blick auf die Karten in der Publikation zeigt, dass diese neu überbauten Flächen überproportional oft an mässigen Lagen und/oder in ländlichen Gebieten zu finden sind. So lässt sich die Hälfte des Flächenzuwachses in der Region Irchel/Thur auf den Bau von Einfamilienhäusern auf der grünen Wiese zurückführen.

Die Tabelle zeigt zudem, dass die Eigentumswohnung eher ein Substitut der Mietwohnung als ein Ersatz des Einfamilienhauses ist. Der Marktanteil der Mietwohnungen beträgt bei Ersatzneubauten lediglich 27 Prozent, derjenige der Eigentumswohnungen satte 60 Prozent. Hier zeigt sich der (unbeabsichtigte) Einfluss der Mietregulierung, die den Umbau von Miet- in Eigentumswohnungen begünstigt.

Das Fazit? Solange nichts Wesentliches an der Raumplanung geändert wird und die Mobilität weiterhin stark subventioniert bleibt, sehe ich keine grossen Risiken für prospektive Einfamilienhausbesitzer. "Die Berichte über meinen Tod sind stark übertrieben" sagte mal Mark Twain. Das gleiche könnte man vom angekündigten Tod des Schweizer Einfamilienhauses behaupten.

Mittwoch, 14. April 2010

Die Stadt als Hochzeitsmarkt

Mein Kolleg Joern Schellenberg hat einen Artikel zum Umzugsverhalten der Schweizer Haushalte in der neuen Immobilienbeilage des Tages-Anzeigers geschrieben. (Die Beilage ist am 12. April erschienen; leider ist sie noch nicht online verfügbar). Jörn hat die im letzten Semester bei der Post gemeldeten Umzüge innerhalb der Schweiz ausgewertet.
Ein typisches Bild zeigt sich auf: man zieht als Single in die Stadt ein, bleibt einige Jahre und zieht später wieder als Paar aus der Stadt aus. Der Hauptgrund für den Umzug dürfte in den Lebenshaltungskosten liegen. Familien beanspruchen mehr Platz; Wohnen ist in der Agglomeration billiger.
Es gibt jedoch eine interessante Alternativerklärung. Empirische Studien belegen, dass die Wahrscheinlichkeit, in die Peripherie oder in kleinere Städte zu ziehen, mit der Heirat sprunghaft zunimmt, auch wenn die Paare keine Kinder planen. Auf der anderen Seite weisen Paare, die auf dem Land wohnen, eine deutlich erhöhte Neigung auf, an zentrale Orten zurückzukehren, wenn sie sich scheiden lassen. Ich zitiere aus einem interessanten neuen Paper von Peter Gautier und Koautoren von der Uni Amsterdam:
Cities are dense areas where singles can meet more potential partners than in rural areas. To enjoy those benefits, they are willing to pay a premium in terms of higher housing prices. Once married, the benefits from meeting more potential partners vanish and married couples move out of the city. Attractive singles benefit most from a dense market and are therefore more likely to move to the city.
Kann dies ein Grund für meinen Umzug nach Wipkingen sein?

Treffe den Stadtökonom...

Ich werde am Podiumsgespräch der SVIT-Immobilienmesse zum Thema "Immobilienmärkte und ihre Zukunft" am kommenden Samstag, den 17. April 2010, teilnehmen. Die Messe findet in der Maag-Halle in Zürich statt. Die Ökonomin der SNB, Marlene Amstad, wird ein Eingangsreferat halten. Man sieht sich dort?

Sonntag, 4. April 2010

Die verlieren in der Krise: Filmstars und Immobilieneigentümer

Welche Einwohner verlieren am meisten, wenn ihre Stadt von der Wirtschaftskrise betroffen ist?

Nehmen wir an, eine Stadt sei auf die Produktion bestimmter Güter spezialisiert, wie Detroit auf Autos, Hollywood auf Filme oder La Chaux-de-Fonds auf Uhren. Für die Produktion von diesen Gütern werden drei Inputs (auch Produktionsfaktoren genannt) benötigt: Arbeit, Kapital (Maschinen und Geräte) und Boden (Büros, Filmstudios oder Fabriken). Wenn die Nachfrage nach Autos, Filmen oder Uhren plötzlich versiegt, welcher der drei Gruppen - Arbeitnehmer, Kapitalgeber oder Immobilieneigentümer - muss mit den grössten Einkommenseinbussen rechnen?

Die elementare mikroökonomische Theorie hat eine klare Antwort: Am meisten zu verlieren haben diejenigen Faktoranbieter, die einer unelastischen Faktornachfrage gegenüberstehen. Auf Deutsch: Verlierer sind die Anbieter von jenen Produktionsfaktoren, die in einer fixen Menge verfügbar sind. Das sind beispielsweise sehr spezialisierte Arbeitnehmer wie Filmstars. Für diese Superspezialisten gibt es kaum Substitute. Das heisst aber auch, dass man Filmstars nur in Filmen einsetzen kann (oder ansonsten als Tellerwäscher). Ihre Löhne bestehen quasi ausschliesslich aus Rente. Geht die Nachfrage nach neuen Filmen zurück, werden sie eine drastische Lohnkürzung hinnehmen müssen.

Boden ist ebenfalls ein "starrer" Faktor. Die Menge an Boden lässt sich kaum vermehren. In einer spezialisierten Stadt werden also die Immobilieneigentümer in der Krise besonders leiden. Denken Sie zum Beispiel an die ehemalige DDR, die auf die Produktion von real existierendem Sozialismus spezialisiert war. Als die Nachfrage nach diesem "Gut" drastisch zurückging (und nicht schnell ersetzt werden konnte), gingen die Boden- und Immobilienpreise in den Keller. Etliche Immobilieninvestoren, die nach der Wende in den neuen Bundesländern investiert hatten, gingen Pleite. Die Löhne der mobilen Arbeitskräfte -- sobald sie den Westen erreichten -- nahmen jedoch schnell zu.

Freitag, 26. März 2010

Aus der Sonderbeilage Immobilien der NZZ

Die neueste Sonderbeilage Immobilien der NZZ ist äusserst gut gemacht. Dieses Mal ist eine klare Linie erkennbar. Man könnte die Beilage mit einen Satz zusammenfassen: Wir müssen verdichten!
Leider ist die Beilage noch nicht online verfügbar. Schade, weil sie auch einige Perlen enthält, die das Herz jedes stadtökonomisch interessierten Besserwissers höher schlagen lassen. Wie zum Beispiel die folgende Aussage:
"Eine – ebenfalls bereits praktizierte – Alternative [um die Landpreise zu senken] sind Ausnützungsboni bei kostengünstigem Bauen, was faktisch einer Landverbilligung gleichkommt."
Stimmt das? Nehmen wir mal an, der Bauherr könne mit einem Ausnützungsbonus rechnen. Der Bonus erhöht den Wert der Liegenschaft, weil der Bauherr jetzt mehr Wohnfläche erstellen darf. Die Bodenpreise ergeben sich als Differenz (Residualwert) von Immobilienpreis und Baukosten. Mit dem Ausnützungsbonus werden also die Landpreise entsprechend... steigen. Die höhere Ausnützung wird im Bodenpreis kapitalisiert. Es sei denn, die für den Investor optimale Dichte läge unter der maximal zulässigen Dichte. Dann hätte ein Ausnützungsbonus gar keine Wirkung auf die Landpreise.

Donnerstag, 25. März 2010

Das verrückteste Immobilienprojekt der Welt

Eine bestechende Idee -- für Ökonomen, mindestens.

Dienstag, 23. März 2010

Führen höhere Bodenpreise zu einer höheren baulichen Dichte?

Anbei finden Sie das Papier, das ich in meinem Artikel in der Immobilienbeilage der NZZ erwähne (English only). Die Beilage erscheint morgen Mittwoch.
New Estimates of the Elasticity of Substitution for Residential Housing

Die S-Bahn und der Immobilienmarkt

Radio DRS hat mich zum Thema "S-Bahn und Immobilienmarkt" interviewt. Hier der Link zum Interview. Anbei finden Sie, was ich wirklich sagen wollte.

Wie hat die S-Bahn Zürich verändert? 

Die S-Bahn ist in den letzten 20 Jahren die treibende Kraft in der Veränderung der Agglomeration Zürich gewesen. Dank S-Bahn wurde es für viele möglich, aus immer weiter entfernten Wohnorten günstig in die Stadt zu pendeln. Die S-Bahn hat also die Wohnortentscheidung von vielen Haushalten direkt beeinflusst. Etwa 130'000 Personen pendeln täglich mit dem ÖV in die Stadt Zürich; weitere Tausende pendeln in die umliegenden Gemeinden, die das erweiterte Zentrum der Agglomeration bilden. Der Marktanteil der S-Bahn am Pendelverkehr liegt bei rund 37 Prozent, eine im Schweizer und im internationalen Vergleich hohe Zahl. 

Damit hat die S-Bahn indirekt auch einen grossen Einfluss auf den Immobilienmarkt ausgeübt: Die relative Attraktivität der Agglomeration im Vergleich zum Zentrum wurde erhöht. Man kann das auch negativ formulieren: die Attraktivität der Stadt Zürich als Wohnort hat sich relativ verschlechtert. Ein effizientes Bahnnetz mit hoher Taktfrequenz lässt die Boden- und Immobilienpreise der Agglomeration stärker ansteigen als im Zentrum.

Waren diese Veränderungen positiv? 

Dank S-Bahn konnten die Wünsche der Einwohner nach mehr Wohnraum zu günstigeren Mieten und Preisen als im Zentrum erfüllt werden. Gemessen am Bestand wird in den Agglomerationsgemeinden ungefähr 3 bis 4 Mal mehr gebaut als in der Stadt Zürich. Wo vorher die Milchkühe grasten, wohnen heute Menschen. Da die Wertschöpfung der Wohnnutzung höher ist als die landwirtschaftliche, ist dies ökonomisch gesehen klar ein Gewinn. Immobilien- und Verkehrsökonomen sind sich jedoch einig, dass es auch negative Effekte gibt. Die negativen Effekte sind damit verbunden, dass die Mobilität (die private wie die öffentliche) allgemein zu billig ist. Ein grosser Teil der Mobilitätskosten wird von der Allgemeinheit getragen, nicht von den Verursachern. Die billige Mobilität verstärkt den Suburbanisierungsprozess – sie fördert beispieslweise die Abwanderung der Familien aus den Zentren. Es entsteht eine paradoxe Situation: die Kerngemeinden, in unserem Fall die Stadt Zürich, müssen Wohnungen für Familien subventionieren, damit diese nicht vermehrt in die Peripherie auswandern. Hinzu kommen die externen Kosten der "Zersiedlung“, unter anderem einen exzessiven Bodenverbrauch.

Die Nettoeffekte wurden nie konsequent berechnet. Ich vermute allerdings, dass sie stark positiv sind, weil die Wohnausgaben einen grossen Anteil des Budgets der Haushalte ausmachen. Jede Verminderung der Mieten und Preise führt zu einer starken Zunahme der Wohlfahrt der Haushalte.