Sonntag, 28. November 2010

Ein Bauboom mit Schall und Rauch

Nachdem die Credit Suisse vor einem Jahr ein "deutliches Absinken der Wohnungsproduktion" prognostiziert hatte (hier), kündigt sie heute den Bauboom an (via NZZaS). Die Aussage, die Bautätigkeit sei "auf Rekordniveau", ist falsch. In den frühen Siebzigerjahren wurde doppelt so viel gebaut wie heute (82'000 Wohnungen im Jahr 1973). Dabei hatte die Schweiz nur 6,2 Millionen Einwohner -- 1,5 Millionen weniger als heute. Diese Gebäude stehen noch - die Researcher sollten öfters aus dem Fenster schauen...

Samstag, 27. November 2010

Die neue Parkplatzordnung ist bereits veraltet

Eine Version dieses Artikels ist am 25. November 2010 in der Neue Zürcher Zeitung erschienen.

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Wie viele Parkplätze braucht Zürich? Städtebaulich ist diese Frage von grundlegender Bedeutung. Die Verfügbarkeit von Abstellplätzen ist ein zentraler Faktor für die Attraktivität einer Stadt als Einkaufs-, Arbeits- und Wohnstandort. Zu viele Parkplätze führen zur Verödung des öffentlichen Raumes. Es wird kostbarer Boden verbraucht, der anderweitig hätte genutzt werden können – beispielsweise für Wohnhäuser. Auf der anderen Seite ist ein Mangel an Parkplätzen mit Kosten für die Stadt und ihre Einwohner verbunden. Läden und Arbeitsplätze wandern in die Agglomeration aus, wenn ihre Erreichbarkeit stark beeinträchtigt wird. Mit der Zeit verliert die Stadt an Substanz, nicht nur finanzieller Art. Ohne eine lebendige Innenstadt würde "Downtown Switzerland" jenen Schlafgemeinden ähneln, die Stadtzürcher meistens verschmähen. Der öffentliche Verkehr kann dabei realistischerweise nur ein Teil der Antwort sein. Gerade Familien schätzen die Flexibilität und Bequemlichkeit des Autos.  

Wie lässt sich dieser heikle Zielkonflikt lösen? Zürich hat einen klaren Weg eingeschlagen – Parkplatznachfrage und Angebot sollen per Dekret in Einklang gebracht werden. So schreibt die neue Parkplatzverordnung, welche am 28. November zur Abstimmung gelangt, vor, dass pro 120 Quadratmeter Wohnfläche ein Privatparkplatz gebaut werden muss.  
Ist diese Zahl angemessen? Daran ist zu zweifeln. Auch kompetente Behörden wie die Stadtzürcherischen sind nicht in der Lage, die "richtige" Zahl festzulegen – genauso wenig wie sie uns sagen können, wie viele Paar Schuhe ein Haushalt zu besitzen hat oder wie oft wir ins Opernhaus gehen sollten.  
Mit einer gesunden Mischung aus Markt und Planung liesse sich jedoch ein effizienteres und einfacheres System realisieren. In den groben Zügen kann es sich mit zwei Massnahmen zusammengefasst werden.  

1. Das private Parkplatzangebot wird dereguliert.  

Die Eigentümer sind am besten in der Lage abzuschätzen, wie viele Parkplätze sie ihren Mietern zur Verfügung stellen sollten. Wer glaubt, Zürich würde sich augenblicklich in einen gigantischen Parkplatz verwandeln, täuscht sich. Genau das Gegenteil würde eintreffen. Bereits heute rentieren an vielen städtischen Lagen Parkplätze deutlich weniger als Wohnraum. Von der starren 120 Quadratmeter-Regel befreit, würden viele Immobilieninvestoren dichter bauen und das Wohnangebot zulasten der Autoabstellplätze erweitern, was sich letztlich in tieferen Mieten niederschlagen würde.

Diese Massnahme allein reicht jedoch nicht aus. Ohne Parkplatzpflicht würden die privaten Eigentümer das Parkplatzproblem auf den öffentlichen Raum verlagern. Wie kann man dann vermeiden, dass zu viel öffentlicher Raum als Abstellfläche in Anspruch genommen wird? Hier setzt die zweite Massnahme an.

2. Parkplätze auf öffentlichem Grund werden so bepreist, dass jederzeit 15 Prozent der Plätze frei sind.

Die mangelnde Verfügbarkeit an Parkmöglichkeiten verursacht Suchverkehr. Studien zeigen, dass ein Drittel des Stadtverkehrs durch Autofahrer auf Parkplatzsuche zurückzuführen ist. Es wird geschätzt, dass ein Parkfeld im Grossstadtzentrum jährlich einen Suchverkehr in der Höhe einer halben Weltumrundung verursacht – mit den entsprechenden Lärm- und CO2-Emissionen (Update: Ich habe mich da verrechnet. Es sind um die 5 bis 10 Parkplätze im Zentrum, die möglicherweise so viel Suchverkehr generieren.). Laut Verkehrsexperten ist eine Parkplatzverfügbarkeit von 15 Prozent optimal, weil damit der Suchverkehr weitgehend reduziert wird, ohne die Parkplatzbelegung allzu stark zu beeinträchtigen.

Wie soll die Belegung erreicht werden? Am besten über den Preis. Stau und Suchverkehr in der Innenstadt bei gleichzeitig schlecht belegten Parkhäusern sind ein unverkennbares Symptom zu tiefer Gebühren für Parkplätze am Strassenrand. Diese sollten solange angepasst werden, bis die optimale Belegung von 85 Prozent jederzeit erreicht wird. Wo Parkplätze überwiegend leer stehen, sollten die Gebühren gesenkt werden.

Mit der Kombination von lageabhängigen Gebühren für Parkplätze auf öffentlichem Grund und der gleichzeitigen Befreiung der Eigentümer von der Mindestparkplatzzahl lässt sich eine Politik realisieren, die von den Bedürfnissen der Stadtbewohner ausgeht. Weil Wohnraum zusehend knapp ist, könnte sie manche Haushalte dazu veranlassen, auf ein eigenes Auto gänzlich zu verzichten.

Raumplanung und Städtebau haben die Parkplatzfrage oft stiefmütterlich behandelt. Die Stadtarchitekten beschäftigen sich lieber mit der Entwicklung neuer Quartiere als mit der Abschätzung der Parkplatznachfrage. Diese gehört nicht zu ihren Kernkompetenzen. Die hier vorgestellten Massnahmen sind nicht neu. Sie wurden erstmals von Douglas Shoup, Guru der Parkplatzökonomie, vor bald 15 Jahren vorgeschlagen. Sie werden neuerdings in San Francisco eingeführt – Zürichs Partnerstadt.

Montag, 22. November 2010

Die Steuerinitiative, Dagobert Duck und die Immobilienpreise

„Grenzsteuersatz“ droht zum Wort des Jahres zu werden, falls am kommenden 28. November das Stimmvolk – entgegen den letzten Umfragen – die Steuerinitiative der SP annähme. Diese verlangt die Einführung von Mindestgrenzsteuersätzen auf Vermögen und Einkommen. Im Vorfeld der Abstimmung wird die Frage nach der Auswirkung der Steuerinitiative auf die Immobilienpreise in den steuergünstigen Kantone kontrovers diskutiert. Würde die höhere Belastung der höchsten Einkommen und Vermögen zu einem Einbruch der Preise führen? Eine Analyse der Zürcher Immobilienberatungsfirma IAZI sagt sogar Preisrückgänge von beinahe 30 Prozent in gewissen Schwyzer Gemeinden voraus. Ist das realistisch? Oder, allgemeiner gefragt: Inwiefern schlagen sich lokale Unterschiede in der Steuerbelastung in den Immobilienpreisen nieder?

Diese Fragen lassen sich am bestem mit Hilfe eines kleinen Gedankenexperimentes klären. Man stelle sich vor, ein bekannter Milliardär – wir nennen ihn Dagobert Duck – sei auf der Suche nach einer Villa in einer steuergünstigen Schwyzer Gemeinde. Ein lokaler Makler hat ein passendes Objekt ausfindig gemacht, das zum Verkauf steht. Zum Leidwesen von Duck haben noch weitere Personen ihr Interesse am Objekt angemeldet. Im Unterschied zu Dagobert sind diese Interessenten jedoch keine Milliardäre, sondern bloss Millionäre. Ducks Vermögen übertrifft also jenes der Mitbietenden um ein Vielfaches. Wie viel soll Duck für das Objekt bieten?

Als Milliardär wäre er durchaus in der Lage, deutlich mehr als seine Mitbewerber zu zahlen. Das ist allerdings gar nicht nötig. Um die Villa zu erwerben, muss Dagobert Duck bloss einen Franken mehr als das zweithöchste Gebot bieten. Der Liegenschaftspreis drückt also nicht Ducks Zahlungsbereitschaft aus. Sie entspricht jener des meistbietenden Millionärs, der beim Hauskauf leer ausgeht.

Nun kommt für Duck eine böse Überraschung. Kurz vor Verkaufsabschluss erfährt er, dass demnächst eine Sondersteuer auf seinem Vermögen eingeführt werden soll. Die „Lex Dagobert“ trifft nur Milliardäre. Millionäre sollen ausdrücklich davon verschont bleiben. Angenommen Duck sei am Villenkauf weiterhin interessiert, soll er sein Angebot überdenken?

Auf keinen Fall. Die Situation der mitbietenden Millionäre hat sich nicht verändert. Sie werden ihre Zahlungsbereitschaft für das Objekt nicht revidieren. Folglich wird Duck für den Erwerb der Villa gleich viel ausgeben müssen.

Die Analogie mit den möglichen Auswirkungen der Steuerinitiative ist offensichtlich. Schweizweit würden die revidierten Grenzsteuersätze nur einen sehr kleinen Anteil der Steuerzahler betreffen. Sogar in Wollerau wären weniger als 15 Prozent der Steuerzahler von der Erhöhung der Grenzsteuersätze auf der Einkommenssteuer betroffen. Zudem versteuerten im Jahr 2006 „nur“ 12 Prozent der Steuerpflichtige ein Vermögen von mehr als zwei Millionen und wären somit von den höheren marginalen Vermögenssteuersätzen tangiert. Wie der Dagobert Duck unseres Gedankenexperimentes üben die reichsten Zuzüger in diesen Gemeinden einen geringen Einfluss auf die Preise aus. Womöglich ist die Wirkung auf einige Luxusvillenviertel begrenzt. So gesehen erscheint der angekündigte Preiszerfall schlichtweg unrealistisch.

Üben also Unterschiede in der Steuerbelastung keine Wirkung auf die Immobilienpreise aus? Doch, sehr wohl. Das Regionenrating der ZKB zeigt, dass die Eigenheimpreise in Wollerau – obwohl deutlich tiefer als in der Stadt Zürich und an der Goldküste – circa 15 Prozent höher als in den benachbarten Zürcher Gemeinden liegen. Der Unterschied lässt sich direkt auf die tiefere Steuerbelastung zurückführen. Es sind jedoch die, relativ gesehen, etwas tieferen Einkommensklassen, welche die Preise in der Gemeinde bewegen – nicht die Spitzenverdiener. Die steuerliche Belastung des wohlhabenden Mittelstandes würde auch nach einer Annahme der Initiative niedriger als in den umliegenden Gemeinden bleiben. Die Eigenheimpreise würden entsprechend auf dem höheren Niveau verharren.

Zusammenfassend stellen wir fest, dass nicht sämtliche Steuervorteile in den Boden- und Immobilienpreisen kapitalisiert werden. Wäre dies der Fall, hätte der "Steuertourismus" nie eingesetzt. Für die Haushalte mit den höchsten Einkommen kann sich ein Umzug in eine steuergünstige Gemeinde durchaus lohnen. Unser Gedankenexperiment zeigt jedoch auf, dass eine Erhöhung der Steuerbelastung, welche möglicherweise nur wenige Steuerzahler betrifft, keinen allgemeinen Immobiliencrash in der Zentralschweiz verursachen wird.

Samstag, 13. November 2010

Wie viele Parkplätze "braucht" eine Stadt?

Städtebaulich ist diese Frage von grundlegender Bedeutung. Die Verfügbarkeit von Abstellplätzen ist ein zentraler Faktor für die Attraktivität einer Stadt als Einkaufs-, Arbeits- und Wohnstandort. Zu viele Parkplätze führen zur Verödung des öffentlichen Raumes. Es wird kostbarer Boden verbraucht, der anderweitig hätte genutzt werden können – beispielsweise für Wohnhäuser. Auf der anderen Seite ist ein Mangel an Parkplätzen mit Kosten für die Stadt und ihre Einwohner verbunden. Läden und Arbeitsplätze wandern in die Agglomeration aus, wenn ihre Erreichbarkeit stark beeinträchtigt wird. Mit der Zeit verliert die Stadt an Substanz, nicht nur finanzieller Art. Ohne eine lebendige Innenstadt würde "Downtown Switzerland" jenen Schlafgemeinden ähneln, die Stadtzürcher meistens verschmähen. Der öffentliche Verkehr kann dabei realistischerweise nur ein Teil der Antwort sein. Gerade Familien schätzen die Flexibilität und Bequemlichkeit des Autos.

Wie lässt sich dieser heikle Zielkonflikt lösen? Zürich hat einen klaren Weg eingeschlagen – Parkplatznachfrage und Angebot sollen per Dekret in Einklang gebracht werden. So schreibt die neue Parkplatzverordnung, welche am 28. November zur Abstimmung gelangt, vor, dass pro 120 Quadratmeter Wohnfläche ein Privatparkplatz gebaut werden muss.
Ist diese Zahl angemessen? Daran ist zu zweifeln. Auch kompetente Behörden wie die Stadtzürcherischen sind nicht in der Lage, die "richtige" Zahl festzulegen – genauso wenig wie sie uns sagen können, wie viele Paar Schuhe ein Haushalt zu besitzen hat oder wie oft wir ins Opernhaus gehen sollten.
Eine bessere Methode gäbe es durchaus. Bevor ich sie in einem kommenden Post erkläre, schauen Sie sich das folgende kurze Video an.

Update: Sie können den Artikel hier weiterlesen.

Donnerstag, 4. November 2010

Die teuersten Taxis der Welt...

... findet man laut dieser neuen Statistik in Zürich.

Dienstag, 2. November 2010

Wohnausgaben/Einkommen = k

Der Anteil der Wohnausgaben am Gesamteinkommen hängt kaum von der Wohnlage ab. Finden Sie das nicht erstaunlich? Ich schon.