Montag, 19. Oktober 2009

500'000 für einen Parkplatz - kann es sein?


In Zürich (wie anderswo) ist die Frage nach der "richtigen" Anzahl Parkplätze in der Innenstadt ein Dauerthema der lokalen Politik. Eine Gruppe von Zürcher Gewerbetreibenden glaubt die Antwort gefunden zu haben. Laut ihrer Einschätzung kostet jeder abgebauter Parkplatz 500'000 Franken pro Jahr. Die Summe entspricht dem durchschnittlichen Umsatz, den ein Parkplatz in den Läden der Innenstadt generiert.

Die Rechnung der Gewerbetreibenden geht aus mindestens drei Gründen nicht auf.

1. Der Umsatz ist kein korrektes Mass für den Nutzen einer Parkierungsmöglichkeit. Man müsste die induzierte Wertschöpfung messen können, nicht den Umsatz. Da die Wertschöpfung sich aus
der Differenz von Umsatz minus Vorleistungen ergibt, wird der Wert eines Parkplatzes in der Rechnung der Gewerbetreibenden massiv überschätzt.

2. Für die Berechnung der Wertschöpfung eines extra Parkplatzes ist nicht der durchschnittliche Umsatz massgebend, sondern der marginale. Das ist der Umsatz, der von einem zusätzlichen Parkplatz induziert wird. Der marginale Umsatz ist vermutlich deutlich tiefer als der durchschnittliche Umsatz, da der Nutzen einer weiteren Parkierungsmöglichkeit mit der zunehmenden Anzahl der Parkplätze abnimmt.

3. Hat man die Wertschöpfung eines Parkplatzes bestimmt, muss sie mit dem Wert der alternativen Verwendung des Bodens verglichen werden. Boden ist im Zentrum der Stadt knapp - sprich: teuer - und Parkplätze beanspruchen viel Platz. Parkplätze im Zentrum verursachen demnach hohe Opportunitätskosten. Diese müssen in einer Kosten/Nutzen-Analyse unbedingt berücksichtigt werden.

Ich weiss nicht, ob in Zürich die Opportunitätskosten, die ein zusätzlicher Parkplatz verursacht, höher oder tiefer sind als die induzierte Wertschöpfung. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass die Analyse der Zürcher Gewerbetreibenden die Frage nicht beantwortet.
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