Freitag, 29. Oktober 2010

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Wer freut sich über steigende Eigenheimpreise?

"Welcher Hausbesitzer freut sich nicht darüber, wenn seine Immobilie an Wert gewinnt?" Diese rhetorische Frage stellte vor kurzem Klaus Wellershoff, ehemaliger UBS-Chefökonom, in einem Interview. In dieser Aussage steckt implizit die Idee, dass steigende Immobilienpreise das Vermögen der Eigenheimbesitzer erhöhen, was natürlich positiv wäre. Doch ökonomisch greift die Analyse zu kurz. Man kann sich leicht Situationen vorstellen, in denen ein Preisanstieg die Eigenheimbesitzer nicht besser stellt.

Betrachten wir als Beispiel den Fall Romeos, der in Genf wohnt und arbeitet. Seine Stelle wird nach Zürich verlagert. Romeo entscheidet sich für einen Umzug nach Zürich. Er verkauft seine Genfer Eigentumswohnung, die in den letzten Jahren stark an Wert gewonnen hat. Auf der Suche nach einer neuen Bleibe in Zürich merkt Romeo jedoch schnell, dass die Preise nicht nur in Genf sondern auch in Zürich gestiegen sind. Romeo hat keinen Grund, sich über die gestiegenen Preise zu freuen.

Wäre Romeo besser gestellt, wenn er sich jetzt für eine Mietwohnung entscheiden würde? Nicht unbedingt. Preise und Mieten sind stark korreliert – steigen erstere, steigen in der Regel auch letztere. Dies gilt insbesondere für Mieten von neu vermieteten Wohnungen, welche de facto der Mietregulierung nicht unterstellt sind. Das ist nicht weiter überraschend: Der Preis eines Hauses errechnet sich zum grossen Teil als Summe aller erwarteten auf heute abdiskontierten zukünftigen Mieterträge. Steigt der Preis, so müssen – bei gleichem Kapitalisierungssatz – auch die erwarteten Mieten gestiegen sein.

Aus finanzökonomischer Sicht macht Romeos Beispiel klar, dass der Eigenheimbesitz finanziell am besten als Absicherung (Hedge) gegen Mietpreisveränderungen verstanden werden kann. Steigen die (Opportunitäts-)kosten des Wohnens, steigen die Preise. Das Umgekehrte gilt aber auch: Fallen die Wohnkosten, so fällt in der Regel der Marktwert eines vergleichbaren Eigenheimes. Wer also Eigenheime als normales Investment betrachtet, vergisst die Hälfte der Geschichte. Eigenheime stellen nicht nur eine Anlage dar – sie sind auch ein Konsumgut. Ein Eigenheim kann man bewohnen, nicht so ein Aktienportfolio. Im Gegenteil zu den meisten anderen Anlagekategorien liefern Eigenheime einen konsumptiven Nutzen. Es ist also unklar, inwiefern Eigenheime als Teil des Nettovermögens des durchschnittlichen Eigenheimbesitzers gezählt werden sollen. Anders gesagt, es ist fraglich, ob Eigenheimbesitzer ihre Konsumentscheidungen – sprich, ihr Verhalten – ändern, wenn sich die Eigenheimpreise bewegen. Nicht mal über steigende Preise kann man sich heute ungeniert freuen...

Dienstag, 26. Oktober 2010

Was treibt den Bau von "nachhaltigen" Wohnimmobilien?

"Welche sind die Determinanten des nachhaltigen Wohnungsbaus? In diesem Papier ("What Drives 'Green Housing' Construction - Evidence from Switzerland", das ich mit meinem Koautor aus Shangai (!) Juerg Syz geschrieben habe, werden die Treiber der Minergie-Bautätigkeit untersucht. Fazit: Es kommt aufs Geld an...

SalviSyz_GreenHousingConstructionCH

Freitag, 22. Oktober 2010

Die risikolose Hypothek gibt es nicht

Unterschätzen Hypothekarnehmer –- insbesondere Eigenheimbesitzer -- die Risiken, die sie mit dem Abschluss einer Fremdfinanzierung eingehen? Geldmarkthypotheken -- auch als Libor-Hypotheken bekannt --, deren Zinszahlungen an einen kurzfristigen Zinssatz gebunden sind, gelten als besonders riskant. Diese machen heute mehr als zehn Prozent der ausstehenden Hypotheken aus, doppelt so viele wie vor dem Einsetzen der Finanzkrise und der aktuellen Phase äusserst tiefer Nominalzinsen. Doch die Analysen greifen oft zu kurz. Jede Art von Finanzierung ist mit Risiken behaftet. Je nach Produkt sind die Risikotreiber unterschiedlich. Grundsätzlich sind zwei Risikokategorien auszumachen:

Einkommensrisiko. Dieses Risiko ist höher bei jenen Haushalten, die eine variable Hypothek, beispielsweise eine Geldmarkthypothek ohne Zinsabsicherung, abschliessen. Bei einem starken Zinsanstieg müssten Haushalte ihren Konsum einschränken, um ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.

Vermögensrisiko. Der Abschluss einer Festhypothek ist hingegen mit Risiken verbunden, wenn die Inflation nach dem Abschluss unerwartet tief ausfällt und die Finanzierung eine lange Laufzeit aufweist. Der Haushalt hat sich verpflichtet, eine nominal fixe Hypothekarzahlung zu leisten, die infolge der tiefen Inflation real stark an Wert zugenommen hat.


Nicht alle Haushalte sind den Einkommens- und Vermögensrisiken gleich ausgesetzt. Eigentümer, die ein im Vergleich zu ihrem laufenden Einkommen teueres Haus besitzen oder deren Einkünfte stark schwanken, sind dem Einkommensrisiko von Geldmarkthypotheken besonders exponiert. Dieses Risiko würde aber nur bei den Haushalten greifen, die nicht in der Lage wären, sich weiter zu verschulden. Tief belehnte Schuldner könnten den vorübergehenden Einkommensausfall möglicherweise mit einer Erhöhung der Hypothek begleichen. Deshalb muss jede sinnvolle Messung der finanziellen Tragbarkeit der Hypothek nicht nur die laufenden Einkommensverhältnisse, sondern auch die Vermögenssituation berücksichtigen.

Wer hingegen das Risiko steigender Zinssätze hervorhebt und zur möglichst langen Bindung mittels langfristiger Festhypotheken rät, übersieht, dass sich die Bewegung der langfristigen Zinssätze äusserst schwer prognostizieren lässt. Auch wenn das heutige Zinsniveau besonders tief erscheint, ist eine lange Phase negativer Inflation – wie die Erfahrung Japans zuletzt zeigte – keineswegs ausgeschlossen. Die Konsequenz wäre eine Zunahme der realen Hypothekarlast und der Vermögensrisiken von Festhypotheken. Aua!

Dienstag, 12. Oktober 2010

Mieten und Mythen


Anbei die Vorversion eines Artikels, der am letzten Freitag in der NZZ erschienen ist.

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Wer schon an Anlässen für Immobilieninvestoren teilgenommen hat, wird gemerkt haben, dass immer wieder die gleichen "Geschichten" als Begründung des einen oder anderen Investments hervorgebracht werden. Für den Immobilienökonom lassen sich die einen mehr, die anderen weniger nachvollziehen. Wir haben vier avon ausgewählt, die wohl zu den ewigen Mythen der Immobilienwirtschaft gehören.

Das Risiko von Immobilienanlagen ist geringer als dasjenige von Aktien und Obligationen.
Spätestens nach der jüngsten Immobilienkrise in verschiedenen europäischen Ländern und den USA ist allen klar geworden, dass Immobilieninvestitionen auch riskant sein können. Zahlreiche Studien haben die langfristigen Risiko/Rendite-Eigenschaften von Immobilienanlagen untersucht. Diese kommen zum Schluss, dass die Immobilienpreise über einer Periode von mehreren Jahrzehnten im Rahmen der Inflation ansteigen. Langfristig stellen Immobilien tatsächlich eine Absicherung gegen die Inflation dar. Betrachtet man die Gesamtrendite (inklusive Mieteinnahmen) liegt die historische Performance von Immobilienanlagen zwischen jener von Obligationen und Aktien. Auf der anderen Seite sind direkte Immobilieninvestitionen im Vergleich zu Aktien und Obligationen deutlich illiquider, was zum erhöhten Risiko von Immobilienanlagen beiträgt.
Kaufe und baue ausschliesslich an guten Lagen, denn an guten Lagen ist das Risiko am tiefsten und die Gewinnchancen am höchsten.
Soll sich der besonnene Immobilieninvestor auf die Toplagen --- sprich die teuersten Objekte – beschränken? Bestimmt wäre die Wette in den letzten Jahren in der Schweiz aufgegangen. Die Preise in den Zentren sind stärker angestiegen als in der Peripherie. Doch finden sich in der Geschichte zahlreiche Beispiele von Immobilienkrisen, bei denen ausgerechnet die besten Lagen am meisten korrigierten. So war es beispielsweise in der Schweiz am Anfang der 1990er Jahre. Wirklich stabile Lagen zeichnen sich durch hohe Preise und folglich tiefe Rendite aus. Wie auf dem Finanzmarkt gehen auch auf dem Immobilienmarkt Risiken und Renditen Hand in Hand.

Mit der richtigen Auswahl von guten Objekten lässt sich das Risiko allgemein sinkender Immobilienpreise vermeiden.

Immobilien sind nur begrenzt Unikate. Bricht in einer Region die Konjunktur ein, werden sämtliche Segmente des Immobilienmarktes – ob Büro, Gewerbe oder Wohnbauten – davon getroffen. Das Ausmass dieser Korrekturen ist allerdings je nach Segment und Objekt unterschiedlich. Gute, preiswerte und stabile Objekte sind genau so schwierig zu finden wie gute, stabile und preiswerte Lagen. So waren viele Immobilienexperten um die Jahrtausendwende davon überzeugt, dass sich die Nachfrage nach Wohnungen zugunsten von Vier- und Fünf-Zimmer-Wohnungen und zu Ungunsten der kleineren Wohnungen entwickeln würde. Genau das Gegenteil traf ein: Im Zuge der erhöhten Einwanderung hat die Nachfrage nach kleineren Wohnungen in den letzten Jahren stark zugenommen. Seit 2006 haben in der Schweiz die Mieten der Zwei und Drei-Zimmer-Wohnungen am meisten zugelegt. Allgemein sind die neuen "Megatrends" des Immobilienmarktes mit einiger Vorsicht zu geniessen. In den Städten war schon vor 100 Jahren die Drei-Zimmer-Etagenwohnung die häufigste Wohnungsform.

Die Nachteile einer schlechten Lage lassen sich dank sehr guter Architektur wettmachen.

Diese unter Architekten und Städteplanern oft gehörte Aussage ist meistens ein Rezept zum Misserfolg, denn es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Qualität der Lage und optimaler Nutzungsart. Teuere Grundstücke im Zentrum vertragen eine aufwändigere Bauart, weil zentrale Lagen wertschöpfungsintensivere Nutzungen anziehen. Umgekehrt werden hohe Baukosten an peripheren Standorten oft nicht vom Markt honoriert.

Mittwoch, 6. Oktober 2010

Nicht ganz uneigennützig

Ich gebe es gerne zu, meine Kritik der Leerwohnungsziffer war nicht ganz uneigennützig. Es gibt eben eine neue Alternative zur nicht wirklich aussagekräftigen Zählung der Leerstände. Die Umzugsziffer.

Freitag, 1. Oktober 2010

Tückische Leerwohnungsziffer

Am kommenden Montag wird das Bundesamt für Statistik in Neuchâtel die neue Statistik der leerstehenden Wohnungen veröffentlichen. Ich erwarte keine grossen Veränderungen - 2009 lag die Leerwohnungsziffer bei 0,9 Prozent.

Die offizielle Leerwohnungsstatistik des BFS wird gemeinhin als Indikator für die Verfügbarkeit von Wohnraum interpretiert. Die am Montag veröffentlichte Zahl stellt jedoch in vielen Regionen kein aussagekräftiges Mass für die Verfügbarkeit von Wohnraum dar. Nicht zuletzt dank Online-Inseraten konnte die Zeit zwischen zwei Vermietungen in den letzten Jahren stark reduziert werden, so dass es meistens zu einem Mieterwechsel ohne Leerstand kommt.

Weiter registriert die amtliche Statistik nur die Zustände am Erhebungstag (1. Juni). Die Verfügbarkeit von Wohnraum hängt jedoch auch von der Geschwindigkeit ab, mit der leer stehenden Wohnungen vom Markt absorbiert werden bzw. wieder vermietet oder verkauft werden. In den Grossstädten bleiben Wohnungen bekanntlich weniger lange leer als an peripheren Lagen. Der tiefere Leerwohnungsbestand in den Städten wird also mindestens teilweise durch den hohen Umschlag der Wohnungen wettgemacht. Dies wäre zu berücksichtigen, wenn auf dieser Grundlage sinnvolle Vergleiche zwischen den Kantonen oder zwischen den Gemeinden angestellt werden müssen.

Ein Beispiel kann die Interpretationsprobleme der Leerwohnungsziffer am besten verdeutlichen. Der Kanton Genf weist eine Leerwohnungsziffer von 0.2% auf, drei Mal tiefer als in den Kantonen Basel Stadt und Basel Land, wo sie insgesamt 0.6% beträgt. Der Wohnungsbestand ist in Genf und in den beiden Basel in etwa gleich gross. Darf man also sagen, dass es drei Mal mehr Möglichkeiten gibt, in einem bestimmten Jahr eine leere Wohnung in Basel zu finden? Keineswegs. Auf homegate.ch beträgt die Verweildauer einer Genfer Mietwohnung durchschnittlich 10 Tage – in der Region Basel sind es 30 Tage. Nimmt man an, dass die 496 am 1. Juni 2010 leer stehenden Genfer Wohnungen nach 10 Tage einen Nachmieter gefunden haben, beträgt die Anzahl der in einem Jahr im Kanton Genf neu belegten Wohnungen 18'100. In den beiden Basel sind es 20'100 – also nur unwesentlich mehr.

Die Tücken der Leerwohnungszählung sind insbesondere in der Stadt Zürich auffallend, wo am 1. Juni offiziell nur 136 Wohnungen leer standen. Am gleichen Tag waren jedoch alleine auf homegate.ch 1'071 Wohnungen zur Vermietung ausgeschrieben. Die von der offiziellen Statistik suggerierte Wohnungsknappheit ist also zu relativieren: in der Stadt Zürich dürfte die tatsächliche Verfügbarkeit von Wohnraum zehn Mal höher liegen als durch die Leerwohnungsziffer impliziert.