Dienstag, 12. Oktober 2010

Mieten und Mythen


Anbei die Vorversion eines Artikels, der am letzten Freitag in der NZZ erschienen ist.

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Wer schon an Anlässen für Immobilieninvestoren teilgenommen hat, wird gemerkt haben, dass immer wieder die gleichen "Geschichten" als Begründung des einen oder anderen Investments hervorgebracht werden. Für den Immobilienökonom lassen sich die einen mehr, die anderen weniger nachvollziehen. Wir haben vier avon ausgewählt, die wohl zu den ewigen Mythen der Immobilienwirtschaft gehören.

Das Risiko von Immobilienanlagen ist geringer als dasjenige von Aktien und Obligationen.
Spätestens nach der jüngsten Immobilienkrise in verschiedenen europäischen Ländern und den USA ist allen klar geworden, dass Immobilieninvestitionen auch riskant sein können. Zahlreiche Studien haben die langfristigen Risiko/Rendite-Eigenschaften von Immobilienanlagen untersucht. Diese kommen zum Schluss, dass die Immobilienpreise über einer Periode von mehreren Jahrzehnten im Rahmen der Inflation ansteigen. Langfristig stellen Immobilien tatsächlich eine Absicherung gegen die Inflation dar. Betrachtet man die Gesamtrendite (inklusive Mieteinnahmen) liegt die historische Performance von Immobilienanlagen zwischen jener von Obligationen und Aktien. Auf der anderen Seite sind direkte Immobilieninvestitionen im Vergleich zu Aktien und Obligationen deutlich illiquider, was zum erhöhten Risiko von Immobilienanlagen beiträgt.
Kaufe und baue ausschliesslich an guten Lagen, denn an guten Lagen ist das Risiko am tiefsten und die Gewinnchancen am höchsten.
Soll sich der besonnene Immobilieninvestor auf die Toplagen --- sprich die teuersten Objekte – beschränken? Bestimmt wäre die Wette in den letzten Jahren in der Schweiz aufgegangen. Die Preise in den Zentren sind stärker angestiegen als in der Peripherie. Doch finden sich in der Geschichte zahlreiche Beispiele von Immobilienkrisen, bei denen ausgerechnet die besten Lagen am meisten korrigierten. So war es beispielsweise in der Schweiz am Anfang der 1990er Jahre. Wirklich stabile Lagen zeichnen sich durch hohe Preise und folglich tiefe Rendite aus. Wie auf dem Finanzmarkt gehen auch auf dem Immobilienmarkt Risiken und Renditen Hand in Hand.

Mit der richtigen Auswahl von guten Objekten lässt sich das Risiko allgemein sinkender Immobilienpreise vermeiden.

Immobilien sind nur begrenzt Unikate. Bricht in einer Region die Konjunktur ein, werden sämtliche Segmente des Immobilienmarktes – ob Büro, Gewerbe oder Wohnbauten – davon getroffen. Das Ausmass dieser Korrekturen ist allerdings je nach Segment und Objekt unterschiedlich. Gute, preiswerte und stabile Objekte sind genau so schwierig zu finden wie gute, stabile und preiswerte Lagen. So waren viele Immobilienexperten um die Jahrtausendwende davon überzeugt, dass sich die Nachfrage nach Wohnungen zugunsten von Vier- und Fünf-Zimmer-Wohnungen und zu Ungunsten der kleineren Wohnungen entwickeln würde. Genau das Gegenteil traf ein: Im Zuge der erhöhten Einwanderung hat die Nachfrage nach kleineren Wohnungen in den letzten Jahren stark zugenommen. Seit 2006 haben in der Schweiz die Mieten der Zwei und Drei-Zimmer-Wohnungen am meisten zugelegt. Allgemein sind die neuen "Megatrends" des Immobilienmarktes mit einiger Vorsicht zu geniessen. In den Städten war schon vor 100 Jahren die Drei-Zimmer-Etagenwohnung die häufigste Wohnungsform.

Die Nachteile einer schlechten Lage lassen sich dank sehr guter Architektur wettmachen.

Diese unter Architekten und Städteplanern oft gehörte Aussage ist meistens ein Rezept zum Misserfolg, denn es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Qualität der Lage und optimaler Nutzungsart. Teuere Grundstücke im Zentrum vertragen eine aufwändigere Bauart, weil zentrale Lagen wertschöpfungsintensivere Nutzungen anziehen. Umgekehrt werden hohe Baukosten an peripheren Standorten oft nicht vom Markt honoriert.
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