Donnerstag, 27. Mai 2010

Lohnt sich ein Umzug in die Schweiz?

Ich bin weder ein Fan von Städterankings noch von Aktientipps. Beide setzen voraus, dass Geld auf der Strasse liegt – die letzteren im übertragenen Sinne, Städterankings buchstäblich so. Zürich oder Genf mögen zwar eine hohe Lebensqualität haben, die Wohnungspreise sind jedoch entsprechend teuer. Und meine bescheidene Erfahrung sagt mir, dass es genau so schwierig ist, eine unterbewertete Lage zu finden, wie eine unterbewertete Aktie.

Sollen die seriösen Stadtökonomen also schweigen? Mitnichten. Sie kann man auch in der Ratschlagindustrie produktiv einsetzen.

Zum Beispiel in der Umzugsberatung. Jörn und Melanie, beide in Berlin wohnhaft, haben je ein Jobangebot in Zürich erhalten. In Zürich können sie 50% mehr als in Berlin verdienen. Allerdings kostet die Miete einer vergleichbaren Wohnung in Zürich drei Mal mehr als in Berlin. Zur Zeit geben sowohl Jörn als auch Melanie 30% ihres Einkommens fürs Wohnen aus. Sollen sie diese Angebote akzeptieren?

Die Antwort auf dieser Frage hängt davon ab, ob Jörn oder Melanie bereit sind, ihren Wohnkonsum einzuschränken. Nehmen wir an, dass sie in Berlin je 30 für ihre Mietwohnung ausgeben. Jörn kann sich nicht vorstellen, in eine kleinere Wohnung zu ziehen. Für eine gleichwertige Wohnung wird er in Zürich 90 (=3*30) ausgeben müssen. Auch wenn er in Zürich 50% mehr verdient (150), verbleiben ihm nach den Wohnkosten weniger als in Berlin (60 statt 70). Das ist ein schlechtes Geschäft, Jörn soll nicht umziehen.

Melanie allerdings ist bereit ihren Wohnkonsum etwas einzuschränken. Nehmen wir an, dass sie den Anteil der Wohnausgaben an ihrem Einkommen konstant halten will, also, dass Sie maximal 20 mehr Miete in Zürich als in Berlin bereit zu zahlen ist. Damit lässt sich in Zürich nur eine ungefähr halb so grosse (=30/50) Wohnung mieten. Für die übrigen Ausgaben verbleiben ihr allerdings 100 - das ist mehr als in Berlin. Nun sieht die Rechnung eines Umzugs in die Schweiz deutlich besser aus.

Ökonomen haben einen Mass für die Bereitschaft zur Substitution entwickelt, die "Substitutionselastizität". Die Substitutionselastizität ist Null, wenn -- wie bei Jörn -- Preisveränderungen keine Veränderung der nachgefragten Menge bewirken. Das ist der unübliche Fall. Meistens führt ein Anstieg der Preise zu einer Reduktion der nachgefragten Menge. Wenn -- wie bei Melanie -- der Anteil der Wohnausgaben bei jedem Preis gleich bleibt, beträgt die Substitutionselastizität eins.

Die folgende Abbildung zeigt an, für welche Kombination von Mietpreis und Substitutionselastizität sich ein Umzug lohnt (blaue Fläche), und wann nicht (grau eingefärbte Fläche).


Jörns Fall ist mit dem roten Punkt abgebildet (=keine Bereitschaft zur Substitution). Der grüne Punkt entspricht Melanies Entscheidungskalkül (=konstante Wohnausgaben). Wer sich auf der Grenze zwischen der grauen und der blauen Fläche befindet, ist gerade indifferent.

Hat Sie die Analyse überzeugt? Möchten Sie eine persönliche Umzugsberatung? Schicken Sie mir Ausgang- und Zielwohnort, die Einkommensdifferenz und ihre Wohnpräferenzen und ich sage Ihnen, wie Sie sich entscheiden sollen.

HT Thomas Rutherford 
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